KKZ: Kapitel 8 – 14

Kapitel 8 – Der Kampf und das Mädchen
Kapitel 9 – Oto Kitamuki
Kapitel 10 – Geht die Reise weiter
Kapitel 11 – Ein frischer Tag fängt an
Kapitel 12 – Hakata, Stadt des Steins
Kapitel 13 – Gebrüder Shack
Kapitel 14 – Elende Shal!


Kapitel 8 – Der Kampf und das Mädchen
 

Da waren sie nun und starrten sich gegenseitig an. Ryoma, der sein Schwert fest in der Hand hielt, stürmte gleich auf seinen Gegner zu und versuchte ihn mit einem Hieb zu verletzen. Sein Plan ging jedoch nicht auf, als sein muskulöser Gegenüber seinen Angriff parierte, indem er Ryomas Schwert mit seinen bloßen Händen festhielt.
‚So eine enorme Kraft…!‘, dachte sich Ryoma und merkte, dass er zurückgedrängt wurde.
„Ginta! Warum stehst du da nur rum!?“, brüllte er.
„Ehm…“, stotterte Ginta. Solch eine Situation war für ihn total ungewohnt. Was sollte er tun? Doch es war kaum Zeit zum Nachdenken, Ryoma brauchte jetzt seine Hilfe. Ebenfalls stürmte er in den Raum und blickte um sich. Irgendwo musste doch etwas sein, was ihm helfen könnte. Eine Lampe? Nein. Einen Sack voll Geld? Zu unhandlich. Ah! Das war es. In der Ecke des Raumes sah er einen vermeidbar klappbaren Stab den er sich griff. Mit diesem Stab holte er aus und versuchte diesem Kerl eine über seine Rübe zu ziehen. Doch er hielt auch den Stab mit einer Hand fest.
 „Das war wohl schlecht“, meinte dieser und hob den Stab und somit auch Ginta mit seiner Kraft hoch. Doch der weißhaarige Junge dachte mit und hangelte sich am Stab etwas nach vorn, holte Schwung und gab dem Kerl einen mächtigen Tritt in sein Gesicht, sodass er taumelte und voller Ungleichgewicht zu Boden fiel.
„Das… das war ja… wow! Ginta, ich hab gar nicht gewusst, dass du so etwas kannst…“, lobte ihn Ryoma, der sein Schwert nun zurück in seine Kontrolle bringen konnte.
„Ich… ich auch nicht“, staunte er über sich selbst.
Der Kerl stand wieder auf und war richtig wütend.
„Ryoma, kümmer du dich um Oto…“, befahl Ginta und hielt den Stab noch fester.
„Geht klar, pass aber auf dich auf! Otochen! Meine Süße, ich komme, um dich zu retten!“
„Und du kommst mit raus, wir regeln das wie Männer“, forderte Ginta den muskulösen Räuber auf und ging hinaus.
„Dich kleinen Wicht mach ich in ein paar Sekunden fertig“, drohte ihm der Kerl und folgte ihm, „Um das Mädchen kümmere ich mich danach.“
Die Nachmittagssonne schien noch stark, als Ginta und der Entführer vor der kleinen Höhle standen und sich gegenseitig musterten.
„Auf geht’s!“, forderte Ginta und stürmte los. Er hielt den Stab am einen Ende fest und streifte mit dem anderen Ende am Boden entlang und holte mit voller Kraft aus um seinen Gegner wieder am Kopf zu treffen. Dieser jedoch wich geschickt aus und wollte Ginta mit einem wuchtigem Schlag außer Gefecht setzen. Der weißhaarige Junge wurde in den Magen getroffen, flog einige Meter nach hinten und kam jedoch wieder sicher auf dem Boden auf. Dieser Schlag hat gesessen. Ginta hielt sich den Bauch.
„Wann kommt endlich Ryoma? Ich denke ich kann das nicht mehr lange mitmachen“, seufzte Ginta in Gedanken.
Wieder rannte Ginta los, holte tief aus und schlug mit voller Wucht zu. Leider konnte sein Gegner diesem Angriff leicht ausweichen. Nun ging dieser etwas zurück und spannte währenddessen seine großen Muskeln an. Wahrscheinlich wollte er wieder zum Zug kommen, was er kurz darauf auch tat. Dem ersten Schlag konnte Ginta noch ausweichen, indem er sich duckte, doch bei dem darauf folgenden Schlag wurde es schon schwieriger. Dabei behalf er sich wieder mit einem kleinen Trick. Sein Gegner machte bei jedem Schlag einen kleinen Ausfallschritt und Ginta versuchte, seinen Stab so gegen ihn zu schleudern, dass der Ausfallschritt dem einen Ende des Stabes solche Wucht verlieh, dass das andere Ende somit direkt ins Gesicht geschleudert wurde.
„Du kleines Gör!“, brüllte sein Gegner, „Ich zerlege dich eigenhändig!“
„Bereue das, was du dem Krankenhaus angetan hast!“, wehrte sich Ginta. Wieder musste er den harten Schlägen seines Gegenübers ausweichen. Es wurde zu einem Hin und Her. Mit Tricks versuchten beide Treffer zu landen, was ihnen nicht so leicht fiel.
„Wie konntest du nur!?“, fragte Ginta ihn.
„Es machte richtig viel Spaß“, lachte der Muskelmann, „Menschen zu quälen und zu töten ist etwas, das man sich nicht entgehen lassen sollte!“
„Wie kannst du das nur sagen, das sind doch Menschenleben!“
In Ginta kam nun das Bild seiner Großmutter hoch. Er sah sie vor ihm liegen, mit geschlossenen Augen und einem Lächeln im Gesicht.
„Was sind schon Menschenleben“, erwiderte der Fiesling. Gintas Trauer und Wut wurde immer stärker. Es war, als kroch beides seinen Hals hinauf.
„Was….“, wunderte sich der Kerl plötzlich und deutete auf Gintas Hände. Sie leuchteten blau.
„Wie kannst du nur!?“, schrie Ginta und ließ einen mächtigen Stoßwind los, der seinen Gegner nach einigen Metern gegen einen Baum schleuderte. Er hustete Blut.
„Wenn du mir versprichst, das nie wieder zu machen, lasse ich dich leben!“, Ginta war schon so unter Trance, dass er gar nicht mehr wusste, was er da sagte.
„Mein Name lautet Okura Ito! Präge ihn dir gut ein, du wirst diesen Namen noch öfter hören, du Gör! Und der Kampf ist noch nicht vorbei!“
„Na dann“, meinte Ginta und lag seinen Stab weg. Okura kam ihm wieder entgegen und die Beiden kämpften weiter. Gintas Schläge wurden auf einmal viel schneller, als er es eigentlich gewohnt war und er merkte, dass seine Treffer auch viel stärker als sonst waren.
„Grr… Wusste nicht, dass du so stark sein kannst“, murmelte Okura und schlug mit seiner eisenharten Faust wieder zu.
„Ginta überlass das mir!“, rief Ryoma und warf sein Schwert so, dass Okura gegen das Schwert und nicht gegen Ginta schlug und durch diese Kraft das Schwert wieder zurückgeschleudert wurde. Ryoma fing es wieder auf und machte sich zum Kampf bereit. Er tauschte mit Okura einige Schläge und Hiebe aus und Ginta konnte sich unbemerkt hinter den Muskelmann schleichen. Er nahm sich einen relativ großen Stein, der auf dem Boden lag und warf ihn mit aller Kraft gegen Okuras Kopf, der dadurch bewusstlos zu Boden fiel.
„Du wolltest es nicht anders haben“, meinte Ginta und strich sich den Dreck von der Kleidung.
„Gut gemacht.“
„Danke für deine Hilfe, Ryoma.“
„Nicht der Rede wert“, sagte er und steckte sein Schwert zurück in die Scheide.
„Wo ist Oto?“, erkundigte sich der weißhaarige Junge.
„Hier bin ich doch“, begrüßte sie ihn als sie hinter einem der Bäume hervorkam, „Danke für eure Befreiungsaktion.“
„Uns blieb ja nichts anderes übrig, nicht wahr Ginta?“, lachte Ryoma und gab ihm einen Schubs mit seinem Ellenbogen.
„Jepp“, meinte dieser, „… und was machen wir mit ihm?“
„Es wäre wohl angebracht ihn zu fesseln und die Stadt zu benachrichtigen“, meinte Oto.
„Das machen wir gleich“, sagte Ryoma und holte aus der Höhle ein Seil und fesselte Okura Ito an einen Baum. Danach gingen sie zur Stadt zurück.


Kapitel 9 – Oto Kitamuki

„Ich heiße Oto Kitamuki, bin 17 Jahre alt und ich will eine Ausbildung zur Ärztin machen, deswegen jobbe ich in dem Krankenhaus“, stellte sie sich vor, während die Drei durch die Stadt liefen, „Und wer seid ihr zwei?“
„Ich bin Ryoma Sakamoto, 19 und auf einer langen Reise durchs Land“, lächelte er sie an und zwinkerte ihr zu, aber sie wandte sich ab und blickte Ginta an.
„Also… ehm…“ stotterte Ginta, „ich heiße Ginta Sabekaze und bin 15 Jahre alt. Schön dich kennen zu lernen.“
Während seiner kleinen Vorstellung wurde er leicht rot. Oto war ein bisschen größer als Ginta, hatte lange blonde Haare, und grau-blaue Augen. Sie trug ein weiß-beiges Kleid.
„Danke, dass ihr mich gerettet habt. Ich bin euch was schuldig. Aber ich muss jetzt dringend wissen, ob alles in Ordnung ist mit dem Krankenhaus, wir sehen uns!“, verabschiedete sie sich und schon war sie verschwunden.
„Warte doch liebes Otolein!“, brüllte ihr Ryoma noch hinterher.
„Wir müssen ihr doch noch den Brief geben“, seufzte Ginta, „Dann müssen wir ihr wohl folgen.“
„Bleibt uns wohl nichts anderes übrig“, gab Ryoma zu und lächelte.
Ginta schulterte seine Tasche und merkte, dass der klappbare Stab in seiner Tasche nicht sehr praktisch war. ‚Gegen die Shal wird mir der als Waffe wohl noch hilfreich sein. Ryoma hat immerhin sein Schwert, also muss ich damit noch auskommen lernen. Wo stecke ich ihn nur hin, sodass er schnell fassbar ist? Ah!‘, dachte er sich und steckte ihn unter seinen Umhang. Die Beiden gingen weiter und merkten, wie kühl es langsam schon wurde.
„Sag mal Ryoma…“
„Was ist denn Ginta?“
„Weißt du, wie es zurück zum Krankenhaus geht? Ich kenne den weg nicht mehr“, murmelte er und vergrub sein Gesicht mehr in seinem Umhang, weil es ihm ein wenig peinlich war.
„Ach, da geht es bestimmt dort entlang!“, meinte Ryoma und zeigte in irgendeine Richtung.
„Von da sind wir doch gekommen“, wunderte sich Ginta, „Ich frag eben mal nach.“
Dies tat er auch, indem er einfach die Frau fragte, die gerade an ihm vorbei lief. Wenige Minuten später standen sie auch schon vor dem Gebäude. Männer und Frauen liefen hin und her, trugen Sachen und einige waren dabei die Schäden zu reparieren. Nicht weit von dem Geschehen entfernt, standen zwei alte Männer und sprachen mit Oto. Bei dem einen musste es sich wohl um den leitenden Chefarzt handeln. Sein weißer Mantel und sein weises Aussehen zeugten zumindest davon. Der andere Mann war etwas kleiner und dicker, hatte ebenfalls graues Haar und trug eine Brille. Ob das der Bürgermeister war? Die perfekte Chance für Ginta und Ryoma den sich Unterhaltenden ins Wort zu fallen.
„Entschuldigung“, unterbrach Ginta höflich das Gespräch.
„Ah, Ginta und Ryoma, ihr seid mir gefolgt?“
„Ja, wir müssen noch mit dir reden“, meinte Ginta.
„Das sind sie. Ginta Sabekaze und Ryoma Sakamoto, sie haben mich befreit und den Schurken gefesselt.“
„Was für eine Heldentat“, meinte der Chefarzt.
„Ich habe schon Leute geschickt, um ihn abzuholen, diesen Schuften“, sagte der andere Mann.
„Das war doch nicht der Rede Wert“, prahlte Ryoma.
„DU hast ja auch nur Oto befreit“, schmunzelte Ginta, doch Ryoma tat so, als hörte er nichts.
„Ginta, was war das, worüber du noch reden wolltest?“, erkundigte sich die Blonde.
„Ach genau“, er kramte den Briefkuvert aus der Tasche, „Dies soll ich dir eigentlich überreichen. Es ist von deiner Großmutter, sie meinte es wäre dringend.“
„Ihr habt meine Großmutter kennengelernt?“
„Ja, in der Hütte auf dem Weg hier her. Sie kann echt lecker kochen“, erklärte der schwarz-haarige Schwertkämpfer. Ginta übergab ihr den Brief und sie öffnete und las ihn sofort. Die Beiden beobachteten sie. Freute sie sich nun? Oder war sie traurig? Ständig wechselte ihr Gesichtsausdruck.
„Otochen, was ist denn los?“, fragte Ryoma besorgt.
„Da steht drin, dass ich zur Ausbildung im Med-Dorf zugelassen werde, mit persönlicher Einladung der Chefärzte, die dort zuständig sind…“
Sie fing fast zu weinen an, als Ryoma sie unterbrach: „Aber Otochen, das ist doch wunderbar, wenn du deine Ausbildung beginnen darfst!“
„Ryoma!“, mahnte Ginta ihn, „Jetzt lass sie doch erst einmal ruhig durchatmen…“
„Aber ich wollt doch nur…“, schmollte Ryoma und wandte sich dann jedoch wieder zu Oto.
„Aber… aber ich kann Großmutter doch nicht allein lassen“, nuschelte sie.
„Wir müssen noch mal bei ihr vorbei“, fügte sie noch hinzu.
„Und wie und wo machst du dann deine Ausbildung?“, fragte Ginta.
„Ach, weißt du. Ich träumte schon immer einmal Ärztin zu werden und das Med-Dorf, ist ein altes Dorf, dessen Tradition es schon immer war, sich mit Medizin auseinanderzusetzen. Die besten Ärzte des Landes, die bewundernswertesten Heiler, sie haben alle eine Ausbildung im Med-Dorf absolviert. Dazu muss ich mit einer Fähre auf einen anderen Kontinent, Ruterion. Schon als ich klein war, träumte ich davon, diese Chance zu bekommen und endlich habe ich sie!“, erklärte sie.
„Kann es sein, dass eine Fähre nach Ruterion fährt, von der Hafenstadt Vernezye aus?“, fragte Ginta, der sich wieder an die Worte des Barkeepers erinnerte.
„Ja, das wäre eine Möglichkeit nach Ruterion zu fahren, sogar die schnellste, meiner Meinung nach.“
„Möchtest du uns nicht begleiten? Wir sind auf dem selben Weg“, schlug Ginta vor.
„Ja! Bitte Otolein! Komm mit uns, dann reist du wenigstens nicht allein“, grinste Ryoma.
„Aber ich… bin mir noch nicht sicher, ob ich überhaupt will“, sagte sie mit trauriger Stimme, „Gehen wir erst einmal zurück zu meiner Großmutter…“ Ginta nickte.
 „Auf geht’s“, murmelte Ryoma.


Kapitel 10 – Geht die Reise weiter?

Ginta, Ryoma und Oto waren auf dem Weg von Funtraprolis zur kleinen Hütte, in der Otos Großmutter ein kleines Restaurant führte. Die Sonne ging langsam unter und ein paar dunkle Wolken zogen über das Firmament. Oto machte immer noch einen eher bedrückten Eindruck und Ginta konnte spüren, dass ihre Großmutter ihr doch sehr am Herzen lag. Jedoch steckte in ihr auch die Vorfreude auf ihre Ausbildung. Zusammen gewürfelt ergaben beide Gefühle etwas eigenartiges, das eher schwer auf dem Bauch zu liegen schien. Was man ebenfalls nicht übersehen konnte, war, dass Oto sehr in ihren Gedanken vertieft war. Selbst Ryoma, der sie nebenher anquatschte, ignorierte sie fast komplett. Ständiges Nicken und ein gelegentliches „Ja“ oder „Nein“, konnte sie kaum aus sich herausholen. Es war nicht mehr weit und schon erreichten sie die Hütte. Oto trat ein. Ryoma und Ginta blieben noch draußen stehen. Sie hofften inständig, dass Oto doch mit kommen würde, denn mit einem Mädchen zu reisen, machte doch doppelt so viel Spaß.
„Ginta, du willst doch auch dass Oto mit uns kommt? Ich meine, das wäre doch was und außerdem haben wir dann jemanden der sich ein bisschen in Ruterion auskennt, findest du nicht?“
„Ja, du hast schon Recht, aber wir müssen sie das selbst entscheiden lassen. Vergiss nicht, sie bleibt ja nicht für immer bei uns, sondern wir begleiten sie ja nur bis zu diesem Dorf.“
„Stimmt, da hast du Recht.“
Nun machte Ryoma einen noch bedrückteren Eindruck als Oto. Der Wind wehte durch die Äste und Zweige der Bäume und ließ den Rauch, der aus dem kleinen Schornstein kam, aufsteigen. Die Großmutter stand hinter der Theke und trocknete ein paar Gläser mit einem Handtuch.
„Großmutter!“
„Oto, mein liebes Kind! Hast du den Brief bekommen?“
„Ja, aber…“, Oto brach in Tränen aus, „ Ich will dich nicht verlassen, du hast doch sonst niemanden!“
„Aber das macht doch nichts Kind, mir ist es wichtiger, dass DU deine Wünsche erfüllen kannst. Kommt erstmal rein und stärkt euch, so wie ich dich kenne hast du noch nichts gegessen.“
Sie winkte den beiden Jungs zu, die sie am Eingang stehen sah. Die Beiden überlegten keinen einzigen Moment, gingen ins Haus und setzten sich an die Theke. Einige Gäste verließen das Häuschen, und die Köchin, die eine gute Freundin von Otos Großmutter war, stöhnte erleichtert. Man sah, dass sie sehr zu tun hatte. Oto verschwand mit ihrer Großmutter nach oben und man hörte nur noch eins runterhallen: „Bediene doch bitte unsere Gäste, die Beiden haben sicherlich Hunger!“
Die Köchin räusperte sich und stellte sich Ginta und Ryoma vor: „Hallo, ich bin Myaki, darf ich euch einen Teller mit leckerem Okonomiyaki bringen?“
„Ja, gerne, vielen Dank“, bedankte sich Ginta und nahm schon mal ein Paar Stäbchen.
„Vielen Dank! Aber ich hätte gerne bitte eine extra scharfe Portion“, sagte Ryoma und freute sich schon richtig.
„Von mir aus, aber sei gewarnt, es ist dann wirklich sehr scharf!“
Myaki grinste, man könnte denken, sie hätte jetzt schon Schadenfreude. Dann wurde es wieder ziemlich still, man konnte nichts von oben hören und Ginta hoffte, dass sich Oto doch entschloss, mit ihnen nach Ruterion zu reisen. Derweil unterhielten sich Oto und ihre Großmutter über die Reise.
„Aber Großmutter, du musst verstehen, dass du mir sehr am Herzen liegst und ich will nicht dass du hier allein bist.“
„Aber ich bin doch nicht allein, ich habe Myaki, und meine Stammgäste, du weißt doch, das sind gute Menschen.“
Oto wischte sich Tränen aus den Augen.
„Also gut, ich werde nach Ruterion reisen und die Ausbildung beginnen. Dann werde ich als die Ärztin zurückkommen, die alle Krankheiten heilen kann…“
„So kenne ich meine Oto.“
Ihrer Großmutter liefen nun auch Tränen über das Gesicht.
„Komm iss nun was und später werden wir zusammen packen. In Ordnung?“
„Japp.“
„AHHHHHHHHHHHHHH!!!“, schrie Ryoma auf, als er den ersten Bissen nahm. Sein Gesicht wurde ganz rot und er deutete mit seiner Hand nach einem Glas Wasser.
Ginta lachte und musste sich den Bauch halten. Das war das erste Mal, dass er gelacht hatte, seitdem Soijitonoma gestorben war.
„Ich habe dich gewarnt“, sagte Myaki, die wieder in die Küche ging.
„Gut! Ich werde es ganz aufessen! Und danach hätte ich gern einen Kübel Wasser!“
Ginta konnte nicht mehr aufhören zu lachen und Ryoma schlang das Okunumiyaki nur so hinunter. Oto gesellte sich zu den beiden und bekam auch gleich einen Teller köstlichen Okunumiyakis. Die Jungs schauten sie an und erwarteten einen Entschluss.
„Waf faut ihr mif fo an?“, murmelte Oto mit vollem Mund.
„Ohja! Ihr erwarbeb ja eine Anpworb!“, sie schluckte alles hinunter und fuhr fort, „Ich habe mich entschieden, mit euch zu reisen und die Ausbildung anzutreten!“
„Juhuuuuuuuuuu! Oto kommt mit! Oto kommt mit!“
Ginta und Ryoma konnten es nicht fassen und führten einen Freudentanz auf. Alle freuten sich und waren gut gelaunt. Für die kommende Nacht entschieden sie sich zu bleiben. In dieser Nacht hatte Ginta wieder einen dieser komischen Träume, aber diesmal war alles viel klarer als sonst. Er sah ein großes Schloss, und ein Meer von Blumen. Doch die komische Person tauchte nicht wieder auf. Er erwachte und konnte nicht mehr einschlafen. Deswegen ging er zu dem kleinen Bach, der ruhig neben dem Häuschen vor sich hin floss. Er setzte sich hin und schwenkte seine Füße im Wasser, währenddessen beobachtete er den Himmel und die Sterne. Der Mond war in dieser Nacht gar nicht zu sehen.
„Ach Großmutter….“, seufzte er.
„Ginta, was machst du denn hier, kannst du auch nicht schlafen?“, unterbrach ihn plötzlich Oto, die sich dann neben ihn setzte und ebenfalls zu den Sternen hinaufblickte, „Eine schöne Nacht, nicht wahr?“
„Ja, du hast Recht…“, antwortete er.
„Du, Ginta, wieso bist du eigentlich auf einer Reise mit Ryoma?“, fragte sie ihn.
Ginta hielt inne. Sollte er ihr es wirklich erzählen? War das wirklich… Sein Amulett vibrierte wieder leicht. Was sollte das? War das ein Zeichen?
„Ich will ehrlich sein. Meine Großmutter wurde vor meinen Augen von Leuten der Schattenallianz angegriffen und sie ist dabei ums Leben gekommen… Ich bin auf dieser Reise, weil ich die Wahrheit über mich und meine Familie wissen will und was damals wirklich passiert ist, als meine Eltern bei einem Unfall ums Leben kamen. Ryoma habe ich ganz zufällig getroffen und er begleitete mich fortan…“
„Oh, das ist ja… mhh… Hast du keine Angst?“
„Ich weiß im Moment gar nicht, was ich eigentlich empfinden soll. Es ist alles so verwirrend und es sind noch so viele Fragen offen. Deswegen weiß ich, dass ich diese Reise einfach machen muss.“
„Gib nicht auf, okay?“, sie stupste ihn mit ihrem Ellenbogen, „Geh lieber wieder ins Bett. Morgen fängt unsere Reise an und wir wollen doch fit sein, richtig?“
„Klar… aber ich würde noch gern etwas hier draußen bleiben und den kühlen Wind fühlen und die Wolken beobachten, wie sie auf ihrer Reise genau hier vorbeikommen…“
 „Mach das, ich gehe wieder rein, mir ist es zu frisch…“
 „Geht klar, schlaf gut, Oto…“
„Schlaf du auch gut, Ginta, bis morgen früh“, sie stand wieder auf und ging in das Häuschen. Ginta holte sein Amulett hervor und betrachtete es.
 „Was willst du mir sagen?“, fragte er sich und sein Amulett.


Kapitel 11 – Ein frischer Tag fängt an

Ein neuer Tag brach an. Ginta gähnte, als er aus dem Schlaf erwachte. Dann stand er auf und entdeckte, dass Ryoma noch schlief. Er drückte seinen Fuß in Ryomas Gesicht, doch dieser erwiderte dies nur mit einer Handbewegung und murmelte: „Och Paps… lass mich noch ein wenig länger schlafen!“
„Dann schlaf doch länger“, seufzte Ginta und zog sich an. Dann ging er nach unten. Oto, ihre Großmutter und Myaki standen schon an der Theke.
„Ihr habt aber lange geschlafen! Es ist schon Mittag!“, lachte Oto und grinste Ginta an.
„Was, schon? Ich werde schnell nach oben gehen und meine Sachen holen. Wartet hier.“
Ginta sprang so schnell es nur ging die Stufen hinauf und befand sich wieder in dem Zimmer, in dem er und Ryoma geschlafen hatten. Doch von Ryoma war weit und breit nichts mehr zu sehen und Ginta fiel das nicht einmal auf. Er packte seine Sachen in seine Tasche und ging wieder nach unten.
„Wollen wir nun los?“, fragte Oto nervös.
„Ja klar, gerne.“
Alle verabschiedeten sich und die Beiden machten sich auf den Weg in Richtung Süd-Westen. Es schien so, als wäre heute ein noch viel schönerer Tag als der gestrige, obwohl noch mehr dickere Wolken über den Himmel zogen.
„Ich finde es echt schön, dass du dich doch noch entschieden hast, mit uns zu kommen. So können wir uns ja auch ein wenig besser kennen lernen. Aber sei vorsichtig, nicht dass Ryoma dich wieder so bedrängt. Halt dich etwas zurück, Ryoma, okay?“, meinte Ginta und sah sich um, „Ryoma? Wo steckst du?“
„Ich glaube, den haben wir vergessen“, lachte Oto und blieb stehen.
 
Ryoma schrie auf, als er aufwachte und sich im Bad wiederfand.
„Warum hat mich keiner rechtzeitig geweckt?! Das ist doch voll fies!“
Ryoma zog sich an, packte seine Tasche und stürmte nach unten, wo er von Otos Großmutter begrüßte wurde.
„Guten Morgen Ryoma, warum bist du denn noch hier?“
„Ich glaube die Zwei haben mich vergessen! Kann ich noch etwas zu essen haben? Dann folge ich ihnen gleich“, bat er und natürlich bekam er noch etwas zu Essen.
Er verabschiedete sich noch schnell bei Otos Großmutter und rannte in Richtung Süd-Osten.
 
„Ach, der wird uns schon noch finden“, meinte Ginta.
„Ja, wahrscheinlich schon. Wir können ja auch etwas langsamer laufen“, schlug Oto vor.
„Ich habe kein Problem damit“, fügte Ginta hinzu und verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf.
Ein kühler Windhauch wehte an ihnen vorbei.
„Irgendwie habe ich das Gefühl, er wird noch ein wenig brauchen“, sagte Ginta und starrte in den Himmel.
Ihr Weg führte an vielen Häusern vorbei, wobei einige eher unbewohnt aussahen. Sie sahen fröhliche Kinder, die spielten, alte Leute, die arbeiteten und einige Tiere wie Hasen und Vögel.
Allmählich fühlte sich die Luft feuchter an, was Ginta bemerkte.
„Ich hoffe du hast einen Regenschirm dabei, es sieht so aus, als würde es bald regnen.“
Und als er genau diese Worte von sich gab, begann es auch schon zu tröpfeln und nach einigen Minuten fing es richtig an zu schütten.
„Natürlich“, meinte Oto und sie stellten sich zusammen unter den Schirm.
„Es hat schon lang nicht mehr geregnet. Da haben wir richtig Glück, meine Großmutter hatte schon Angst gehabt, dass die Ernte dieses Jahr ausfällt.“
„Tja, das ist wirklich Glück.“
Man merkte sofort, dass Ginta ein wenig gelassener war als in der Nacht zuvor und er sich einfach nicht mehr so viele Gedanken um alles machte. Als würden seine neuen Freunde ihn derart ablenken, dass er einfach nicht mehr an die schlimmen Dinge denken musste.
 
Es wurde langsam Abend und keiner machte sich Sorgen um den verschollenen Ryoma, der sich ja fälschlicherweise Richtung Süd-Osten begab, statt Oto und Ginta in Richtung Süd-Westen zu folgen.
„Großmutter meinte, wenn wir weiter in diese Richtung gehen, kommen wir zu einer Höhle, durch die wir gehen müssen. Ich denke aber, es wäre sinnvoller, wenn wir dort eine Nacht lang bleiben.“
„Ja, das hört sich gut an“, antwortete Ginta, „Wie geht es danach weiter?“
„Danach kommen wir zu einer relativ großen Stadt. Hakata heißt sie glaub ich.“
„Hakata, gut zu wissen“, murmelte Ginta.
 
Die Zeit verging und es regnete immer noch, aber Oto störte das gar nicht. Sie war auf einmal wie erfrischt und fühlte sich fit. Sie streckte ihre Hand aus und die Tropfen prasselten auf ihre Haut.
„Weißt du Ginta, Regen ist wie pure Energie für die Erde. Durch ihn schöpft sie neue Kraft und wird wiederbelebt. Pflanzen profitieren davon. Die Tiere ebenso. Sie haben durch kleine Pfützen die Möglichkeit sich zu waschen und zu trinken. Außerdem wird der Dreck der Erde weggespült…“, fing sie plötzlich an zu erzählen.
„Mhh…“, machte Ginta und sah sie nur von der Seite an, wie sie auf ihre Hand starrte und dann auf die Landschaft. Plötzlich hörte man es donnern und Ginta erschrak, Oto lachte und sie liefen ein wenig schneller, denn in der Ferne wurde schon der kleine Berg sichtbar. Schnell suchten sich die Beiden Schutz in der Höhle. „Wow… die ist aber groß“, bemerkte Oto und ihre Worte hallten umher. Oto packte ihren Regenschirm ein.
„Hörst du das?“, fragte sie und die Worte hallten wieder.
„Was meinst du?“, wunderte sich Ginta, der sich ein wenig in der Höhle umsah.
„Selbst hier, wo der Regen nicht sein kann, ist er trotzdem da… Echt schön wie das Geräusch des Regens die Höhle erfüllt…“, sie seufzte erleichtert auf und starrte in die Leere. Sie war was das anging, wohl sehr begeistert.
‚Irgendwie ist das schon schön, das muss ich zugeben…‘, dachte Ginta. Es war dunkel und Oto packte eine Taschenlampe aus ihrer Tasche, die ihre Großmutter ihr mitgegeben hat. Sie machte sie an und schon wurde die Höhle erhellt. Es war nicht allein das Licht, das die Höhle plötzlich so strahlen ließ, sondern auch die vielen Gesteine in den Wänden, die das glitzern und leuchten anfingen. Nach einer Weile kamen sie am anderen Ende der Höhle an. Es regnete immer noch und Ginta und Oto schlugen ihr Lager auf. Dann aßen sie gemeinsam etwas.
„Wo bleibt Ryoma denn eigentlich?“, wunderte sich Ginta und sah besorgt zu Oto hinüber.
„Das frage ich mich langsam auch…“, sagte Oto und spürte plötzlich etwas Feuchtes auf ihrer Schulter, „IEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEHHHHHH!“
Sie packte das Ding hinter ihr und warf es über ihre Schulter.
„HAAAAAAAAAAAH!“, schrie sie und als die Beiden etwas genauer hinsahen, merkten sie, dass es der durchnässte Ryoma war.
„Ich wollte… doch …. nur…. zu…….. euch!“
„Es tut mir Leid, Ryoma“, entschuldigte sich Oto.
Ryoma war total erschöpft und versuchte aufzustehen, doch er kroch nur zu dem kleinen Lagerfeuer hin.
„Wärme dich ein wenig Ryoma, ich hänge deine Sachen zum Trocknen auf“, schlug Ginta vor und versuchte ein Seil an den Wänden entlang zu spannen. Ryoma kroch aus seinem Kimono und gab ihn Ginta, der ihn dann natürlich aufhängte. Da es dann aber für Ryoma doch etwas zu kalt war, wickelte er sich in seine Schlafdecke.
„Das war echt anstrengend, euch zu finden! Ich wachte im Bad auf und plötzlich wart ihr verschwunden! Ich habe mich natürlich gleich auf die Suche gemacht. Ich bin über Felder gerannt, auf Bäume geklettert und habe dann noch diesen Berg umrundet, bis ich gesehen hatte, dass ihr hier ein Lager aufgeschlagen habt.“
„Das hört sich ja an…“, meinte Oto.
„Erzähl mir mehr von deinen Erlebnissen heute“, lachte Ginta.
„Nun gut, da gab es…“
Ryoma erzählte seine Geschichte und die drei Freunde hörten nicht auf und erzählten sich gegenseitig von Erlebnissen und Abenteuern, die sie bisher so erlebt hatten. Das war die perfekte Möglichkeit sich gegenseitig etwas näher zu kommen.


Kapitel 12 – Hakata, Stadt des Steins

Ein weiterer Morgen brach an. Es war kühl, und die Sonne schien nur selten durch die Wolkendecke. Und man konnte keine zwitschernden Vögel hören, nur das Rauschen des Laubes im Wind durchdrang die Stille. Ginta, Oto und Ryoma schliefen an diesem Morgen aus, obwohl, es war ja schon fast wieder Mittag. Ryoma stand als Erster auf und zog sich gleich seine getrockneten Sachen über. Danach bereitete er Sandwichs für Oto und Ginta vor und wartete bis sie endlich aufwachten. Als Nächste stand Oto auf, die es total überraschte, dass Ryoma schon wach war.
„Guten Morgen Otochen! Na, schon Hunger? Ich habe Sandwichs vorbereitet. Willst du eins?“
„Oh, vielen dank Ryoma, das ist aber lieb von dir“, bedankte sie sich und nahm ein Sandwich, das sie gleich aß.
„Du Otochen, was ist eigentlich unser nächstes Ziel?“
„Warte kurz“, meinte sie und zog wieder ihre Karte aus der Tasche, „Also wenn wir jetzt diesem Weg folgen, dann müssten wir nach Hakata gelangen, die Stadt des Steins.“
„Dort werden wir dann durchreisen, oder? Lass mich raten, der Weg führt dann weiter in Richtung Süd-Westen, nicht wahr…“, fing an zu grinsen und wirkte ein wenig stolz.
„Allerdings!“, lachte Oto.
„Was ist denn hier los?“, gähnte Ginta und kroch aus seinem Zelt heraus, „Oh ihr seid ja schon wach.“
Oto machte eine Handbewegung und deutete an, dass Ginta sich doch zu ihnen setzen solle.
„Na, gut geschlafen? So wie deine Frisur aussieht, nehme ich an, du hattest schöne Träume!“, scherzte Ryoma.
„Nein, heute Nacht habe ich nichts geträumt“, erwiderte er.
„Schaut aber echt niedlich aus“, meinte Oto und Ginta wurde rot.
„Wer hat denn da Sandwichs gemacht?“
„Das war ich, hehehe“, antwortete Ryoma und gab Ginta ebenfalls ein leckeres Sandwich.
„Schmeckt erstaunlich gut, ich habe gar nicht gewusst, dass du so lecker Essen zubereiten kannst!“, bemerkte er und schlang genüsslich seine Mahlzeit herunter.
„Das ist ein Geheimrezept meiner Mutter.“
Nachdem sie zuende frühstückten, mussten sie nur noch ihre Sachen zusammenpacken und dann ging die Reise wieder los. Zuvor holte Oto noch Wasser an einem nahe gelegenen Bach. Sie streckte ihre Hände in das eiskalte Wasser und nahm einen Schluck. Es schmeckte herrlich. Mit den Wasserflaschen im Arm lief sie zurück zur Höhle, wo die beiden Jungs schon auf sie warteten.
„Auf geht’s nach Hataka, der Stadt des Steins!“, rief Ryoma in den Himmel, streckte sich und sah Oto und Ginta an. Diese beachteten ihn kaum und gingen schon voraus.
„Hey, hey, was sooll daaaaaas?! Nicht schon wieder!”, brüllte Ryoma und rannte schnell los.
Ginta und Oto lachten laut, blieben stehen und riefen gleichzeitig: „Natürlich warten wir auf dich!“
Die Wolken zogen sich zusammen und es wurde grau. Auch die Luft wurde noch etwas kühler als zuvor. Nach einigen Minuten erreichten sie das große „Tor des Steins“.
„Also das ist das ‚Tor des Steins‘, so wie es hier steht“, sagte Oto.
Dann gingen sie hinein und erwarteten eine wunderschöne, lebhafte Stadt. Doch schnell wurden die Freunde enttäuscht. Die Stadt war leer, wie ausgestorben. Keine Menschenseele befand sich in den Straßen und Gassen. Wind wehte und die gigantischen Gebäude aus Stein, die reichlich mit Reliefs verziert waren, wirkten tot, grau, kühl und verlassen. Alle Türen und alle Fenster waren mit Holz zugenagelt. Sie gingen die große Straße entlang, dann bogen sie in eine Gasse ein. Ein Wegweiser zeigte in die Richtung mit der Aufschrift: „Zum Hotel Onyx hier entlang“.Das hörte sich natürlich interessant an. Plötzlich entdeckten die drei wunderschöne Gemälde und Bilder auf den Wänden der umliegenden Häuser. In einem Bild war ein wunderschönes Farbmuster zu erkennen. Es sah nicht aus wie nur hingeschmiert, sondern war ein Spiel der Farben mit sich selbst und der nebenliegenden Farben. Es war harmonisch und Ginta, Oto und Ryoma wurden gefesselt von dieser Schönheit.
„Das… das…das ist…“, stotterte Oto.
„…wahre Schönheit…“, fügte Ginta hinzu.
„… es ist Kunst“, meinte Ryoma schließlich.
Aber wie kamen diese traumhaft schönen Bilder an die Wände? Und warum extra hier, wo sie nun wirklich kaum keiner bewundern konnte? Es war ja schon komisch genug gewesen, dass der Wegweiser in diese unauffällige kleine Gasse weiste.
Sie gingen weiter und betrachteten auch die anderen Bilder. Es waren viele verschiedene Motive und jedes Mal erstaunten sie sie wieder. Auf einmal spürte Ryoma, dass sie jemand verfolgte. Aber er ließ es sich nicht anmerken. Er wartete wie ein Panther, der auf der Lauer war. Kurz bevor dieses etwas angreifen konnte, zog er sein Schwert aus der Scheide und schrie: „Halt, wer ist da!?“
Niemand war zu sehen, Oto und Ginta wunderten sich, was Ryoma da machte.
„Was ist denn los Ryoma?“, fragte Ginta.
„Es hat uns jemand verfolgt. Hier irgendwo müsste er sich versteckt halten. Komm raus!“, forderte Ryoma den Verfolger auf.
„Was macht ihr hier?!“, hörte man eine junge, männliche Stimme fragen.
„Diese Stadt ist für keine Besucher offen!“ Diesmal war es eine Mädchenstimme.
„Das sind mehrere, Ginta mach dich bereit!“, rief Ryoma über seine Schulter.
Sie hörten schnelle Schritte und ein junger Mann, der etwas kleiner war als Ryoma, kam aus einer dunklen Ecke hervor.
„Wer seid ihr?“, wollte er wissen und schaute etwas grimmig. Er hatte graue Haare, trug ein Stirnband und einen Verband unter seinem Shirt. Er trug noch eine blaue lange Hose, aber das Auffälligste war, dass er Spraydosen an seinem Gürtel hatte, und so wie es aussah, war er wahrscheinlich der ‚Künstler’ gewesen.
„Wir sind Reisende“, antwortete Oto unverdrossen.
„Und was macht ihr hier?“ Noch eine Person kam aus einer anderen Ecke hervor. Es war ein Mädchen. Sie trug ein Kopftuch mit einem grau-braunen Muster drauf und hatte grüne Haare. Man erkannte das an einer Strähne, die ihr über das Gesicht hing. Sie trug ein rot-braunes Kleid und hatte eine Stricktasche.
„Wir reisen hier nur durch, wollten uns aber die Stadt zuvor ansehen“, erwähnte Ginta.
„Verschwindet, hier gibt es nichts zu sehen!“, rief eine dritte Stimme.
Ein kleinerer Junge kam aus der gleichen Ecke, aus der das Mädchen gekommen war. Er trug eine Mütze, und seine Haare konnte man nicht sehen. Dazu eine rot-graue Latzhose, sonst nichts.
„Ihr befehlt uns nicht, zu verschwinden!“, rief Ryoma, der sein Schwert bereithielt.
„Diese Stadt nimmt keine Reisenden auf, also verschwindet! Ihr habt hier nichts verloren!“, schrie der Große, der wahrscheinlich der Anführer der Truppe war.
„Aber wieso?“, fragte Oto. Plötzlich hörte man viel Schritte, jemand musste marschieren.
„Nein, das sind die Nirais! Los Ninsei, Chojiro, wir verschwinden!“, sagte der Anführer.
„Stopp, was zum Teufel sind Nirais?!“, brüllte Ryoma.
„Das sind die ‚Ordnungshüter‘ der Stadt!“, brüllte der Anführer zurück.
„Aber Jôô, wir können die doch nicht einfach so zurücklassen! Die werden doch eingesperrt!“, meinte das Mädchen.
„Aber wenn wir nicht schnell genug verschwinden, werden wir auch eingesperrt!“
„Weißt du nicht mehr, was unser Traum war?!“ Das Mädchen schaute Jôô mit einem verbissenen Ausdruck im Gesicht an.
„Na gut, Ninsei. Kommt folgt uns!“, rief er und rannte los.
Der Junge lief ihm hinterher und Ninsei schaute die drei an.
„Was ist eigentlich los?“, fragte sich Ryoma und steckte sein Schwert zurück in die Scheide.
„Mir egal, das hört sich gefährlich an“, sagte Oto und lief auch hinterher.
„Oto! Tut mir Leid Ryoma, uns bleibt nichts anderes übrig!“ Nun lief auch Ginta den anderen hinterher.
„Grrrr!“ Nun entschloss sich auch Ryoma, den anderen zu folgen.
Der Weg führte durch ein Labyrinth aus vielen Gassen und Straßen, sogut wie nach jeder Ecke bogen sie ab. Es war dunkel und keiner der drei Freunde kannte sich aus. Es blieb ihnen nichts anderes übrig als den drei vermeindlichen Künstlern zu folgen. Nun war Jôô vor einer verschlossenen Tür stehen geblieben, nahm einen Schlüssel aus seiner Tasche und sperrte auf. „Los rein, hier finden sie uns nicht!“
„Das ist komisch, sie sind normalerweise nie um diese Zeit auf Patrouille“, meinte Chojiro. Ninsei ging zum Tisch, legte ihre Tasche darauf und setzte sich auf einen Stuhl. Es war eine kleine Wohnung, der Eingangsbereich war zugleich ein Zimmer, wo die drei wahrscheinlich kochten, aßen und sich mit anderen Dingen beschäftigten. Ginta betrat zuerst die Wohnung, schaute sich um und stellte sich neben den Tisch hin. Darauf folgten Oto und Ryoma.
„Was ist hier eigentlich los? Warum sind wir weggerannt?“, wunderte sich Oto.
„Das ist verzwickt. Diese Nirais sind keine guten Menschen, sie haben diese Stadt zugrunde gerichtet!“, brüllte Jôô wütend und knallte die Faust auf den Tisch, sodass die Gläser darauf klirrten.
„Beruhige dich! Das Aufregen bringt dir auch nichts!“, sagte Chojiro locker und verschwand im Bad.
„Ihr müsst nämlich wissen…“, fing Ninsei an, „Da gibt es Ashizamani Odoro. Sie hat vor vier Jahren den Bürgermeister gefangen genommen und jetzt regiert sie die Stadt. Sie hat die Nirais mitgebracht und jeder der irgendein Verbrechen begeht, wird entweder verhaftet oder ermordet. Wir drei sind die einzigen, die sich noch trauen, auf die Straße zu gehen. Wir sind sozusagen eine Widerstandsgruppe. Wir wollen wissen, wer diese Frau wirklich ist, und den Bürgermeister befreien, damit endlich wieder Frieden in dieser Stadt herrscht!“
Sie fing schon fast zu weinen an.
„Wir haben unsere Familien verloren…“, sagte Chojiro, der wieder aus dem Bad kam.
„Das ist schrecklich!“, stieß es aus Ginta, „Ihr müsst diese Leute aufhalten und wir werden euch dabei helfen!“
Ginta hatte schon so seine Vorahnung. Es schien für ihn so, als ob, egal wo er hinginge, die Shal alles und jeden terrorisieren würden.
„Nein, ich will nicht Fremde damit hineinziehen“, erwiderte Jôô, der gerade etwas zu Trinken für die drei aus einem alten Kühlschrank holte, „Und in den letzen vier Jahren hab ich nur etwas über diese Frau herausgefunden. Anscheinend ist sie ein Mitglied der Schattenallianz. Ich weiß zwar nicht genau, was das für eine Organisation sein soll und ob uns das irgendwie weiterhelfen kann, aber wenigstens ist es etwas.“
Er blickte Ginta an, der ruckartig aufschreckte. Waren es also doch die Shal.
„Diese Leute… “, murmelte Ginta, „Ich kenne die Shal. Das sind die Leute, die meine Großmutter umgebracht und auch das Krankenhaus in Funtaprolis attackiert haben… Ich werde euch helfen! Egal, ob ihr wollt oder nicht!“
Er wurde plötzlich lauter und jeder sah ihn an.
„Und wenn Ginta dabei ist, bin ich auch mit von der Partie!“, lachte Ryoma, „Das klingt wieder einmal nach einem Abenteuer.“
„Wenn ihr unbedingt wollt…“, sagte Jôô, „Dann wäre es wohl angebracht, dass wir uns richtig vorstellen? Mein Name ist Jôô, ich bin 18 Jahre alt und wie gesagt, seit vier Jahren versuche ich schon, diese Stadt von dieser grässlichen Hexe zu befreien. Damit ihr versteht wie es mir geht, zeige ich euch das hier.“
Er nahm die Verbände an seinem Bauch und seinen Armen ab. „Jôô…. ?!“ Ninsei war erstaunt, sie spürte irgendwie, dass Jôô starkes Vertrauen in Ginta und seine Freunde hatte. Riesige Narben waren überall auf seinem Bauch, auch auf seinen Armen. „…!“
Oto war ganz erschrocken, Ryoma war erstaunt und Ginta konnte nun Jôôs Gefühle sehr gut verstehen. Dann legte sich Jôô wieder seine Verbände an.
„Eine Frage hätte ich noch…“, warf Oto ein.
„Stell sie ruhig“, lächelte Ninsei sie an. Die drei Freunde weckten in ihr plötzlich große Hoffnungen.
„Was sollen eigentlich die ganzen wunderschönen Bilder in den Gassen? Von wem sind sie? Von euch?“
„Ja, die haben wir gemalt“, antwortete Ninsei und Chojiro erzählte weiter: „Das ist ein Zeichen unseres Widerstandes, sie repräsentieren unsere Träume, Hoffnungen und Wünsche. Sie sollen den Nirais klar machen, dass es uns immer noch gibt und dass wir nicht mit ihnen einverstanden sind. Zum Glück haben sie bisher unser Versteck nicht gefunden, sonst wären wir schon längst eingesperrt oder tot.“
„Das ist echt mutig von euch…“, bemerkte Oto.
„Was?! Mutig?? Ich bin so feige, ich… ich… ich bin so feige, ich schaffe es nicht einmal, sie zu besiegen!!!“, brüllte Jôô, der Tränen in den Augen hatte.
„Nein…“, erwiderte Ginta, „Du bist nicht feige, du bist ein echt mutiger Kerl. Ich wette, keiner hier in der Stadt hat die Kraft sich gegen Ashizamani aufzulehnen. Du willst etwas gegen das Problem tun und du tust es auch. Gib nicht auf, zusammen schaffen wir das schon!“
„Du bist schon einer…“, lachte Jôô plötzlich. Jeder merkte, dass Gintas Entschlossenheit auf ihn überging.
„Wie wäre es, wenn ihr bei uns übernachtet? Ich glaube wir müssten noch ein paar Matratzen übrig haben“, schlug Chojiro vor und ging gleich den Schlafraum vorbereiten.
„Also ist es beschlossene Sache“, meinte Ryoma und setze sich zu Ninsei an den Tisch. Der Abend verlief ruhig, alle saßen an dem Tisch und planten das morgige Ereignis. In dieser Nacht träumte Ginta von einem Geist, der in unverständlicher Sprache mit ihm redete. Als er wieder aufwachte, sah er Jôô am Tisch sitzend und schlafend. „Was morgen wohl passieren wird?? Ich hoffe ich kann ihnen helfen…“, dachte sich Ginta und legte sich wieder hin.
 
Am nächsten Morgen standen alle früh auf und machten sich für den Kampf fertig. Ginta lies seinen Umhang und seine Tasche auf der Matratze liegen, Ryoma lies ebenfalls seine Tasche da und schnallte sich sein Schwert extra stark an die Hüfte. Oto tat es ihnen gleich, danach band sie ihre Haare zu einem Zopf zusammen. Doch Jôô, Ninsei und Chojiro bereiteten sich anders vor. Jôô nahm Schlagringe aus einer Schublade im Eingangsbereich, Ninsei hatte eine komische Klingenwaffe und Chojiro nahm einen Beutel, den er sich um die Hüfte schnallte, mit.
„Auf geht’s!“, rief Jôô.
„Wir müssen aufs Dach, das ist der Ort, wo die Nirais uns am wenigsten erwarten werden“, erklärte Chojiro und so taten sie es auch.
„Ich hoffe, ihr könnt gut springen!“, grinste Ninsei.
Als sie dort ankamen, sahen sie die große Sonne, denn die Wolken am Himmel waren verschwunden. Die Anspannung war zu spüren. Jôô machte den Anfang, er sprang auf ein anderes Haus mit blauem Dach, Ninsei und Ryoma folgten ihm.
„Komm Oto, ich nehme dich an die Hand“, sagte Ginta zu ihr, nachdem er erkannt hatte, dass sie etwas ängstlich war. Mit einem großen Anlauf sprangen die beiden auf das nächste Haus. Chojiro folgte ihnen. So ging es weiter, von Dach zu Dach, bis sie zu einem großen, fantastisch geschmückten Gebäude kamen.
„Das ist das Rathaus, dort lebt diese Hexe!“
Jôô zeigte mit dem Finger auf ein Fenster von dem Zimmer, wo der Bürgermeister versteckt war.
„Um dort hinzugelangen, müssen wir uns immer gut versteckt halten, bis wir zu Ashizamani Odoro kommen. Wir dürfen keine Aufmerksamkeit erregen“, erklärte Chojiro und holte einen Plan des Gebäudes aus seinem Beutel und zeigte die Grundrisse den anderen.
„Wenn wir diese Gänge nehmen“, er fuhr mit dem Finger die Wege ab, „kommen wir schnell zu ihr. Verstanden?“
„Ja“, sagten alle im Chor.
„Jeder weiß, was er zu tun hat?“, fragte Ninsei noch einmal sicherheitshalber nach.
„Ja“, sagten wieder alle im Chor.
Nun machten sie sich absprungbereit und warteten nur noch, dass die Patrouille vor dem Gebäude einen Moment unachtsam wurde.
„Wartet…“, sagte Chojiro, und kramte etwas aus seinem Beutel, „So, das müsste reichen, schaut mal!“
Er holte auch eine Schleuder heraus und schoss eine handgroße schwarze Kugel mit der Schleuder sprichwörtlich vor die Nase der Nirais. Ein lauter Knall war zu hören.
„Das… das war eine Rauchbombe!“, entdeckte Ginta und auch Ryoma und Oto waren sichtlich von den Fähigkeiten Chojiros begeistert. Nun sprangen alle ab und fielen auf das Dach des Rathauses. Diesmal hatte Ginta Oto wieder an die Hand genommen.
„Also, ihr müsst nun aufpassen, wir dürfen keinem Nirai begegnen, sonst fliegt der Plan auf!“, sagte Jôô noch mal und blickte Ginta hoffnungsvoll in die Augen. Dieser nickte nur. Als nächstes öffnete Ryoma mit seinem Schwert ein Fenster, dass ihm von Ninsei gezeigt wurde. Sie stiegen herab und schauten sich erstmal in dem großen Gang um. Dort lag ein roter Teppich und alle Türen sahen gleich aus.
„Wir haben Glück, das ist der A-Flügel, der Weg ist nicht weit bis zu dem großen Saal“, flüsterte Chojiro. Nun schlich sich die Gruppe davon, alle schauten vorsichtig um jede Ecke, und Ryoma wurde fast entdeckt, aber glücklicherweise hatte er es doch noch geschafft, abzubiegen, bevor ein Nirai kam. Nach wenigen Abbiegungen kamen sie zu einer großen Tür, die reichlich mit Gold, Opalen, Achaten, Amethysten und Smaragden verziert war. „Das ist es. Macht euch bereit!“, sagte Jôô und er und Ginta öffneten gemeinsam die Tür. Man sah eine große Frau mit giftgrünen Haaren, einem kurzen blutroten Kleid und einem dunkelgrünen Umhang an einem riesigem Schreibtisch sitzen. Neben ihr der Bürgermeister, der ihr gerade etwas zum Trinken servierte. Er krümmte sich, als ob er Schmerzen hätte und tatsächlich hatte er die. Man konnte Blut auf seiner Hand sehen, die er an seinem Bauch hielt.
„Huch! Wen haben wir denn da!? Ach, das ist nur Jôô mit seinen Versagerfreunden. Aber wer ist das? Ein hübscher junger Mann! Hihihi!“, lachte sie teuflisch, „Los, Wachtrupp, entfernt diesen Dreck!“
„Du alte Hexe!!!!!!!!!“, brüllte Jôô.
„Lass uns endlich in Frieden Leben!“, rief jetzt auch Ninsei.
Aber da kam schon der Wachtrupp von zehn Männern, die gleich auf die Gruppe losstürmten.
„Das erledige ich!“, sagte Ryoma während er sein Schwert aus der Scheide zog und die Wächter attackierte. Die anderen fünf rannten auf Ashizamani los und wollten sie attackieren.
„Halt! Eine Bewegung und der Bürgermeister stirbt!“, rief sie und lachte, während sie den alten in die Mangel nahm. Alle blieben stehen, nur Ryoma war mit den Wächtern beschäftigt. In Ginta entbrannte wieder diese Wut und er spürte auch wieder sein Mal pochen.
„Das wirst du büßen! Man kann nicht einfach mit Menschenleben spielen! Lass dir das eine Lehre sein! Uhaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa!“, brüllte Ginta wutentbrannt.
Diese Emotionen weckten in ihm Energien und plötzlich ließ er einen heftigen Windstoß los, der Ashizamani gegen die Wand schleuderte.
„Ich kümmere mich um den Bürgermeister!“, rief Oto den anderen zu. Sie rannte schnell zu ihm und ging mit ihm in das nächste, sichere Zimmer. „Hallo Bürgermeister, ich bin hier, um sie zu retten. Mein Name lautet Oto.“
Der Bürgermeister hatte starke Verletzungen, die Oto gleich zu heilen versuchte. Derweil stand Ashizamani wieder auf und wurde richtig wütend. „Du kleines Gör!“, schrie sie und zog ihre Stachelpeitsche aus einer Schublade. Sofort attackierte sie die Gruppe, doch Ginta blockte mit seinem Stab ab.
„Los!“, rief er, „Attackiert sie!“
Und so taten sie es auch. Chojiro holte gleich seine Munition aus seinem Beutel und beschoss sie mit allem was er hatte. Darunter waren kleine Explosionskugeln, Makibishi (Makibishi sind eine Art gestachelte Kugeln, die einen verletzen, soweit man auf sie tritt) und Schleimkugeln. Doch sie wehrte mit ihrer Stachelpeitsche alles ab. Nun griff Ginta sie wieder an, mit dem Ziel, ihr die Peitsche abzunehmen. Wie er es gehofft hatte, versuchte sie, zu peitschten, umklammerte seinen Stab und Ginta konnte ihr mit viel Kraftaufwand die Peitsche entreißen. Doch das half nicht wirklich viel, denn sie fing sofort an, sich zu Konzentrieren.
„EXNOR!“, rief sie und attackierte die Gruppe mit einer Art Eissturm. Ninsei nutzte gleich die Gelegenheit und rannte auf sie zu. Doch Ashizamani hatte gleich einen weiteren Zauber, diesmal für Ninsei.
„Sorka!“, schrie sie und ein Donnerschwert schoss auf das Mädchen zu. Ninsei fiel zu Boden und schrie.
„Nin… Ninsei!“
Jôô war so voller Wut, dass er nun zusammen mit Ginta einen gemeinsamen Angriff startete. Gintas Hände leuchteten wieder blau, ohne, dass er es wirklich realisieren konnte. Zusammen mit Jôô setzte er zum Schlag an.
„Vilid!“, rief Ashizamani und beschwor eine Windklinge hervor, doch das wurde ihr zum Verhängnis. Ginta spürte plötzlich eine angenehme Kraft, die auch Jôô in sich spürte. Mittlerweile musste Oto nicht nur den Bürgermeister verpflegen, auch Ninsei gesellte sich zu ihr. Als sie fertig war, übergab er die zwei an Ryoma. Ryoma, der nun mit über 50 Wächtern fertig geworden war, eskortierte nun den Bürgermeister aus dem Haus hinaus. Eigentlich war es mehr der Bürgermeister, der den Weg nach draußen fand, da Ryoma mal wieder orientierungslos war. Die Windklinge wurde nun zu reiner Kraft, die Ginta und Jôô aufnahmen. In der Nähe von Ginta zu sein, machte Jôô stark und die Fäuste der beiden trafen genau den Magen von Ashizamani. Sie durchbrach die Mauer und landete bewusstlos auf der Wiese im Hof. Die beiden Jungen standen sich gegenüber und sahen sich an. Keiner von ihnen sprach, aber beide wussten, was der andere gerade dachte.
„Danke, Ginta…“, meinte Jôô dann.
„Das hab ich doch gern gemacht“, grinste Ginta.
„Du bist echt ein besonderer Junge, das muss ich dir lassen!“
„Aber du erst…“
Jôô ging nun zu Ninsei, die komplett versorgt worden war. Chojiro war schon längst mit Ryoma aus dem Haus heraus und machte bekannt, nachdem er und Ryoma Ashizamani in den Kerker geschlossen hatten, dass es nun endlich mit der Tyrannei zu Ende sei.
„Puh, das war anstrengend. Vielen Dank, Oto!“, bedankte sich Ginta, der auf dem Boden saß und erst einmal verschnaufte, nach dem Oto einen kleinen Check mit ihm machte. Nach einer Stunde war die ganze Stadt mit Leben erfüllt, die Menschen freuten sich und feierten, brachten Tische und Stühle auf die Straßen, kochten, aßen gemeinsam und betrachteten die himmlischen Gemälde in den Gassen. Der Bürgermeister lud die Helden zu einem großen Festessen ein, und natürlich nahmen Ginta, Ryoma , Oto, Ninsei, Chojiro und Jôô an. Nach viel Musik, reichlich Essen und guter Stimmung machte der Bürgermeister etwas bekannt: „Ich, der Bürgermeister von Hakata, werde von meinem Amt zurücktreten. In den Jahren der Unterdrückung konnte ich kein guter Bürgermeister sein. Deshalb ernenne ich nun Jôô Takeno zum neuen Bürgermeister der Stadt Hakata!“
Große Verwunderung ging durch die Reihen, doch einer nach dem anderen taten sie ihrer Zustimmung kund und riefen Takeno Jôô als neuen Bürgermeister aus. Nach einer großen Party, die bis in die späte Nacht hineinreichte, übernachteten Ginta, Ryoma und Oto noch einmal in der Stadt des Steins. Am nächsten Tag verabschiedeten sich alle und die Reise ging weiter in Richtung Süd-Westen.

 


Kapitel 13 – Gebrüder Shack

Es war wieder einmal ein wunderschöner Tag, um mit seinen allerbesten Freunden eine Reise zu machen. Halt! Allerbeste Freunde? Konnte Ginta Oto und Ryoma eigentlich „allerbeste Freunde“ nennen? Seit die drei von Hakata losgegangen sind, dachte Ginta darüber nach. Er grübelte und grübelte. Jôô, Ninsei und Chojiro schienen auch sehr gute Freunde zu sein. Nun gut, die Umstände in Hakata schweißten sie nur noch mehr zusammen, aber trotzdem wären sie sicher auch ohne diese schlimmen Ereignisse die besten Freunde geworden. Ob Gintas Gefährten und er selbst das auch wirklich waren? Sie waren schon einige Tage unterwegs und haben sich sehr gut kennengelernt. Auf Reisen vertreibt man sich die Langeweile am besten mit Reden, auch wenn manche eher auf Spiele wie „Ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst“ stehen. Ginta kam dann zu dem Schluss, dass es sich früher oder später sicherlich von allein herausstellt, wie fest die Freundschaft zu Oto und Ryoma war. Der Weg führe diesmal wieder durch einen Wald. Die Sonne strahlte durch die Äste und Zweige der Bäume und erhellte den Boden. Der Himmel war an diesem Tag wieder wolkenlos blau und der Wind wehte sanft. Vereinzelt raschelte es in den Baumkronen und Büschen, aber das waren nur Tiere, die vor unseren Freunden flüchteten. Ginta ließ seine Gedanken leicht von Ryomas Flirtversuchen an Oto ablenken. Überraschenderweise wies sie ihn aber nicht ab, sondern ging näher auf die Gespräche mit ihm ein. Im Gedanken konnte Ryoma springen, rumhüpfen und laut schreien: Ja! Endlich kann ich mit Oto flirten! Das dachte man zumindest, bevor dann sein Gesichtsausdruck plötzlich einen ganz anderen Ausdruck bekam. Freundlich und einfühlsam redete er mit Oto. Ginta dachte wieder nach. Seiner Meinung nach sollten sich Freunde alles erzählen können, was sie ja schon gemacht hatten. Dann sollten Freunde sich immer unterstützen, und zusammenhalten. Das Band der Freundschaft sollte niemals reißen, sondern kräftiger und enger werden. Ohne eine Pause wanderten sie in Richtung Ausgang des Waldes, um dann eine Route nach Vernezye zu nehmen. Leise konnten Ginta, Ryoma und Oto Musik hören, die allmählich lauter wurde. Ginta schlief plötzlich ein, da er in seine Gedanken vertieft war und nicht rechtzeitig reagieren konnte. Ryoma reagierte sofort, als ob er diese Musik schon einmal gehört hatte. In einer Reaktion befahl er Oto, ihre Ohren zu schützen, was sie auch gleich tat. Verwundert sah sie Ryoma an, der komischerweise sein Schwert zog. Er holte ein Tuch aus seiner Tasche und stopfte sich zwei Enden in die Ohren. Oto war er ein zweites Tuch zu.
„Nimm, steck sie in deine Ohren. Danach schau, dass du Ginta auf die Seite bringen kannst…“, befahl er ihr. Immer noch verwundert, rollte Oto den schlafenden Ginta an den Rand des Weges. Ryoma warf danach seinen Rucksack in die Büsche und sah in die Baumkronen.
„Nicht schon wieder“, murmelte er und kurz darauf rief er: „DIE ZWEI!“
„Ryoma? Was ist los?“, wunderte sich Oto.
„Pass auf Oto… Jetzt erscheinen gleich zwei Jungs, die mit mir kämpfen wollen.“
„Und was ist das für eine Musik?“
„Das ist eine komische Technik, die jede Person, die sie hört, einschlafen lässt. Das perfekte Beispiel ist Ginta, der nicht rechtzeitig reagiert hat.“
„Oh weh… kann man das aufhalten?“
„Ja, wenn der Verursacher aufhört, diese Melodie zu spielen.“
„Dann stopp mal diesen ‚Verursacher’!“
„Liebend gern, Otochen!“
Grinsend trat er einen Schritt nach vorne und schrie: „Kommt endlich raus! Boushack! Kashack! Los, zeigt euch!”
Mit dem Schwert stand er nun da und konzentrierte sich auf die Äste und das Laub. In der Klinge spiegelte sich alles, und so konnte er sich einen rundum Blick verschaffen. Jede kleinste Bewegung eines Astes oder Zweiges machten ihn angriffsbereiter. Hinter ihm tauchte nun ein Schatten auf und es wurde eine Person sichtbar, die extrem seltsam gekleidet war. Eine schwarze Mähne hing ihm bis zu den Schulterblättern und er trug einen Mundschutz aus Metall. An seinem rechten Unterarm war eine Kralle angebracht.
„So sieht man sich wieder… hehehe“, sagte dieser Kerl.
„Wann kapiert ihr es endlich?! Ich werde euch immer und immer wieder schlagen… Boushack!“, meinte Ryoma, der sich daraufhin umdrehte und ihn mit einem Schwertschlag angriff.
„Oto, du kümmerst dich um Kashack, der muss sich irgendwo in einem Baumwipfel verstecken! Versuch, ihm seine Flöte wegzunehmen, oder sie kaputt zu machen!“
„Geht klar!“, rief sie, hüpfte auf einen Ast, und nahm sich ein kleines Messer aus ihrer Tasche. Nun versuchte sie weiter den Baum hinauf zu klettern. Währendessen führten Ryoma und Boushack einen erbitterten Kampf. Ryomas Schwert gegen die Kralle von Boushack. Ein Hieb nach dem anderen musste Ryoma parieren, der dann in den günstigen Situationen einen Gegenangriff startete.
„Du bist schnell geworden…“, bemerkte er.
„Und du bist immer noch so hässlich wie das letzte mal…“, erwiderte Boushack, dieser grinste und sprang ein wenig von Ryoma weg.
Plötzlich drückte er eine Art Knopf auf seiner Kralle und die messerscharfen Stahl-Finger schossen auf Ryoma zu. Dieser konnte im letzten Moment ausweichen und rannte Boushack entgegen. Dieser zog seine, mit einem Faden befestigten Finger wieder ein. Dieser Vorgang wiederholte sich ein paar Mal. In der Zwischenzeit hatte Oto Kashack endlich gefunden, der immer noch seine Melodie auf der Flöte spielte.
„H… Hö… Hör auf damit!!“, schrie sie. Dieser sah fast genauso aus wie sein Bruder. Bloß hatte der anstatt von schwarzer nun dunkelbraune Kleidung an. Oto balancierte auf den Baumspitzen und sprang zu den nächsten. Als sie Kashack mit ihrem Messer getroffen hatte, verschwand dieser plötzlich, und tauchte hinter ihr wieder auf.
„Ich hoffe, Oto kommt gegen Kashack an“, dachte sich Ryoma, „Ich vergaß ihr zu sagen, dass er mit Illusionen kämpft.“
 Ginta bekam nichts von alldem mit. Er schlief und träumte von einem riesigen Schloss, inmitten eines Meeres von Blumen. Langsam bewegte er sich auf das Schloss hinzu, denn eine Stimme rief nach ihm: „Gintaa…..Gintaa….Komm heeer…..“
Es war eine herzliche, warme Stimme, die Stimme eines Mädchens. Blind folgte er dieser und öffnete das große Tor des Schlosses. Von innen sah das Schloss noch viel schöner aus als von vorne, denn es war nicht wie normalerweise, aus Stein gebaut, sondern innen war alles mit Diamanten und Kristallen verziert. Man konnte die wunderschönen Farben der Blumen sehen, die sich in den Edelsteinen spiegelten. Es war hell und die Stimme rief weiter nach Ginta. Er ging nun die Stufen im Zentrum dieser großen Halle nach oben, öffnete eine weitere Tür und sah einen großen Kristall, das ein Mädchen umschloss. Er bewegte sich auf den Kristall zu. Auf einmal konnte er den Herzschlag des Mädchens spüren und wie es atmete. Als er näher hinsah, erkannte er, dass es ein wunderschönes Mädchen mit blauen Haaren und einem wunderschönen Gesicht war. Sein Herz schlug nun viel schneller. Aufgeregt sah er das Mädchen an, als sei er verliebt.
„Ist das das Mädchen, von der ich schon einmal geträumt habe??“, fragte er sich, während er sich an seine Brust fasste.
Es schlug schneller und schneller, als würde es fast zerreißen. Ryoma und Oto kämpften derweil immer noch gegen die Gebrüder Shack.
„Warum verfolgt ihr mich immer!?“, schrie Ryoma wütend.
„Das erklär ich dir, wenn wir dich besiegt haben!“, antwortete Boushack, der Ryoma wieder mal mit seiner Kralle angriff. Die Situation schien aussichtslos, Oto bemerkte nicht, dass Kashack nur eine Illusion war und Ryoma konnte Boushack nicht mit seiner Kralle besiegen.
Ein erbitterter Kampf wurde von Ryoma geführt. Was er auch tat, er konnte Boushack nicht in die Knie zwingen.
„Ich merke… Du hast trainiert!“, sagte Ryoma höhnisch.
„Und ich merke, dass du nichts getan hast, hehehe!“, erwiderte sein Gegner.
Diesmal dachte Ryoma nach.
‚Also, wenn ich ihn angreife, dann blockt er den Angriff mit seiner Kralle ab und schlägt zurück. Danach geht er einen Schritt zurück, attackiert mich mit seinen Fingern, die er abschießt und dies pariere ich mit meinem Schwert. Wenn ich jetzt einen Angriff vortäusche, ihn nicht wirklich attackiere, sondern kurz bevor ich ihn berühre das Schwert zurückziehe, kann ich es leicht schaffen ihn in seinem Ausfallschritt zu treffen.’
Damit es nicht auffiel, griff er Boushack immer wieder an. Nach einigen Malen setzte er doch diesen Plan in die Tat um. Kurz bevor Boushack seine Kralle zur Abwehr nutzen konnte, zog Ryoma sein Schwert blitzschnell zurück. Da Boushack schon so an den Rhythmus gewöhnt war, machte er nun seinen Ausfallschritt nach hinten. Doch es war schon zu spät, als er merkte, dass Ryoma ihn mit seinem Schwert eine tiefe Narbe quer über den Körper schlug. Völlig verwirrt fiel er nun auf den Boden und blieb liegen.
„So, jetzt habe ich es dir gezeigt!!“, schnaufte Ryoma. Er musste erstmal durchatmen, denn der Kampf war schon anstrengend gewesen. Mittlerweile kämpfte Oto immer noch gegen Kashack. Total verwirrt stand sie da und blickte um sich. Kashack schien da zu sein, aber im nächsten Augenblick löste er sich in Rauch auf. Diese Technik der Illusion war eine mächtige Waffe.
‚Also, das muss doch eine Illusion sein’, dachte sie sich, ‚dann muss doch der Verursacher, so wie es Ryoma gesagt hat, sich irgendwo verstecken. Wenn ich jetzt die Illusion genau beobachte, dann muss ich doch etwas merken. Also muss ich mich jetzt genau konzentrieren.’
Sie beobachtete die Illusion genau. Jede kleine Bewegung studierte sie und ihr fiel etwas auf.
‚Er verschwindet immer, wenn er der Sonne gegenüber steht. Aber wieso? Schatten verschwinden, wenn sie mit Licht in Berührung kommen! Also muss das eine Schattenillusion sein… Aber woher kommt dann die Illusion? …. Ich finde es einfach nicht heraus!’
Ginta bewegte sich nun langsam zum Kristall und sein Herz schlug immer schneller. Auf einmal begann sein Amulett zu leuchten und sein Mal zu schmerzen. Als er dann versuchte, den Kristall zu berühren, passierte etwas seltsames. Das Amulett brannte plötzlich auf, die Flamme war blau und das Feuer breitete sich nun über Gintas ganzen Körper aus. Es fühlte sich nicht abartig, oder sogar schmerzhaft an, nein, es war ein wundervolles Gefühl, das Ginta gegen nichts in der Welt eintauschen wollte. Verwundert betrachtete er die Flammen an seinem Körper.
„Was… was ist das? Es fühlt sich so warm an…“, wunderte er sich, „Aber wieso?“
„Das ist deine Energie… Die innere Energie in deinem Körper…“, erklärte diese Stimme, „… Du wirst mir begegnen… Und mich retten… Aber jetzt geh… Ginta… Ginta… Ginta!“
„Was ist los?”, fragte er sich.
Plötzlich war alles schwarz und er öffnete seine Augen.
„Ginta… Endlich bist du wach…“, freute sich Ryoma, „Los, wir müssen Oto helfen!“
Nun war die Melodie von Ginta und Ryoma nicht mehr zu hören.
„Was, Oto? Ist sie in Gefahr?“
„Steh erstmal auf, ich erklär dir den Rest auf dem Weg. So wie ich Kashack kenne, hat er sie schon längst aus dem Wald geführt.“
Er half Ginta aufstehen, sie nahmen ihre Taschen und versuchten, Oto zu suchen.
‚Wo… wo kann er nur sein?’, grübelte Oto.
Langsam wurde die Umgebung schwärzer. Oto konnte nicht mehr fliehen; hilflos ließ sie sich auf die Knie fallen.
„Hör aaaaaaaaaaaaaaaaaaauf“, schrie sie mit Tränen im Gesicht, „Schluss!“
Kashack hatte Oto mit seiner Melodie schon längst aus dem Wald herausgeführt und beide liefen nun eine Klippe entlang. Das Meer schlug gegen die Felsen. Leider hatte Oto, während sie den Baum hochgeklettert war, ihr Ohrenschutz verloren. Dies nutzte Kashack aus; spielte die Melodie leiser und so schaffte er es, Oto in seine Illusion einzufangen.
‚Was ist das für ein Geräusch?’, fragte sie sich, lauschte genauer, und hörte neben der Illusionsmusik von Kashack leise das Rauschen des Meeres.
‚Das Meer… wie denn das? Das Meer… wie schön es da wohl ist?’
Aus ihrer Angst wurde plötzlich Hoffnung und aus der Hoffnung wurde pure Entschlossenheit. Sie stand auf und hörte nun das Meer besser. Kashack, der sich siegessicher war, lief rückwärts und stolperte über etwas Glitschiges, Nasses. Durch seinen Sturz ließ er die Flöte aus der Hand fallen, die ebenfalls feucht geworden war. Auf eigenartige Weise wurde Kashak von einer Wasserfontäne in den Himmel geschossen, fiel auf den Boden und war bewusstlos. Die Flöte fiel ins Meer. Oto konnte sich nun aus der Illusion befreien. Überrascht stand sie nun da. Kashack lag auf dem Boden.
„Was war das gerade? Wie konnte ich mich aus der Illusion befreien? Wo bin ich eigentlich…“ Sie schaute sich um. „Schon aus dem Wald heraus?“
In der Zwischenzeit hatten Ginta und Ryoma den Ausgang des Waldes erreicht. Als Ryoma Oto dort stehen sah, rief er überglücklich: „Otooooooooochen! Endlich finde ich dich! Oh… du hast ja Kashack besiegt….. Super gemacht! Wie hast du denn das geschafft?“
„Ehmm…“, sie räusperte sich, „das ist eine gute Frage.“
Sie lachte, doch die beiden Jungs waren über diese Antwort sehr verblüfft. Nachdem sie ihre Antwort erläutert hatte, erkundigte sich Ginta, was eigentlich passiert war.
„Also das ist so…“, erklärte Ryoma, „diese zwei sind schon sehr lange hinter mir her. Boushack, der mit den Krallen, ist der ältere Bruder und liefert sich mit mir schon seit ein paar Jahren erbitterte Zweikämpfe. Kashack versucht immer mich zum Einschlafen zu bringen. Dies vollzieht er mit seiner Flöte. Wie ihr gesehen habt, bist du Ginta, eingeschlafen, als du die Melodie gehört hast. Oto konnte sich noch rechtzeitig, genau wie ich, ein Tuch in die Ohren stecken. Die zwei sind schon so lange hinter mir her, da habe ich mich so daran gewöhnt, als wäre es Routine. Nun ja, den richtigen Grund ihrer Verfolgung weiß ich auch nicht. Ich hatte ja noch nie die Chance, mit den Zweien zu reden. Eigentlich habe ich jetzt auch keine große Lust, darüber zu reden. Gehen wir lieber weiter und schlagen dann ein Nachtlager auf.“
„Das hätte ich nicht erwartet…“, äußerte Ginta.
„Ich auch nicht…..“, stimmte Oto zu.
Es herrschte Stille, doch auf einmal fingen alle an, laut zu lachen.
„Das war mal wieder ein Abenteuer!“, behauptete Ryoma, der sich vor Lachen den Bauch halten musste.
„Aber was für eins!“, riefen Oto und Ginta wie aus einem Mund.
Sie reisten weiter und die drei machten sich Gedanken über das Geschehene. Ginta konnte nur noch an dieses Mädchen denken, Oto an das Meer und Ryoma an den Grund der Verfolgung. Als es Abend wurde und sie schon einen weiten Weg der Küste entlang gelaufen waren, schlugen sie ihre Zelte auf, aßen etwas und genossen zusammen den restlichen Abend.


Kapitel 14 – Elende Shal!

 

Ein neuer Morgen war angebrochen. Die Sonne schien dem 15-Jährigen direkt ins Gesicht, als er aus seinem Zelt herauskam und das Meer vor sich mit einem Grinsen begrüßte. Er fühlte sich gut und mit voller Energie ging er Wasser holen und wusch die Kleidung der anderen, die bei dieser Brise sicherlich schnell trocknen würde. Dazu bereitete er das Frühstück vor und schnitt das Brot auf. Er fand sogar Früchte in der Nähe eines Baches, von dem er das frische Wasser holte. Als er sich dem Fruchtbaum näherte, hörte er ein leises Geräusch. Ginta blieb stehen, um das Geräusch besser hören zu können, jedoch verstummte es auf einmal. Der Baum war nicht groß und er musste nicht einmal nach oben springen, um eine der frischen Früchte zu pflücken. Sie waren oval und hatte eine weiche Oberfläche. Die orangene Frucht hatte an einigen Stellen rote und gelbe Flecken. Plötzlich hörte er wieder dieses Geräusch, das sich langsam als ein Miauen herausstellte. Behutsam und leise ging er zu den Büschen, aus denen das Miauen zu kommen schienen, griff in einen hinein und schob die Zweige auseinander. Auf dem Boden hinter diesem Busch lag eine schwarze Katze, die einen weißen Fleck unter deren rechten Auge besaß. Ginta sah sofort, dass sie verletzt war, denn das linke Hinterbein blutete etwas. Ohne darüber nachzudenken, beschloss er, die Katze mitzunehmen und sie zu pflegen, bis sie wieder gesund war. Vorsichtig hob er sie an und trug sie auf seinen Armen zurück. Am Schlafplatz angekommen, machte er den Tisch frei, damit er die Katze darauf legen konnte.  Nun riss Ginta ein wenig Stoff von einem Kleidungsstück  und verband damit die mit Wasser gewaschene Wunde.
„Damit sollte die Blutung gestoppt sein“, sagte Ginta erfreut. Müde gähnte die Katze und Ginta sah ihr in ihre Augen. Sie hatte das selbe grünlich-türkise Leuchten in ihren Augen, wie er selbst. Vorsichtig versuchte sie aufzustehen, schwankte noch, aber schaffte es dann, sich auf Gintas Schoß zu legen. Er kraulte sie am Hinterkopf und sie genoss es. Nach und nach deckte er den Tisch wieder, ohne die Katze zu stören. Nicht nur die gepflückten Früchte lagen darauf, sondern auch das Brot und sonstige Leckereien, die sie dabei hatten. Es war schön, einmal wieder an einem Tisch zu sitzen. Auch wenn der Tisch, der hier stand, als wären sie in einem Park, etwas schmuddelig wirkte. Der weiß-haarige Junge versinkte etwas in Gedanken. Es fehlte ihm, zusammen mit seiner Großmutter an einem Tisch zu sitzen und zu essen. Ihm fehlte der Geruch des Essens, das Klirren des Bestecks und… ihm fehlte seine Großmutter. Langsam nahm er ein Stück Brot und sah es an.
„Guten Morgen…“, begrüßte ihn Oto, die gerade aus ihrem Zelt kam, „So früh schon wach?“ Sie gähnte.
„Guten Morgen, Oto… Ja… Ich konnte heute nicht lange schlafen… Willst du auch gleich frühstücken?“
„Gerne doch!“ Sie grinste, setzte sich an den Tisch und aß auch gleich ein Brot.
„Wird mal Zeit, dass wir wieder Neues besorgen, dieses hier ist schon trocken“, beschwerte sich Ginta, der eigentlich froh darüber war, jetzt abgelenkt zu werden.
„Da hast du Recht“, antwortete Oto und nahm einen Bissen, „Warum sitzt denn eine Katze auf deinem Schoß?“
„Ich habe sie vorhin im Gebüsch gefunden. Sie war verletzt, deswegen dachte ich, dass ich sie etwas pflegen kann, bis sie wieder gesund ist…“
„Das ist aber lieb von dir“, meinte sie und grinste die Katze an. Nach einiger Zeit, als Oto und Ginta schon fertig mit frühstücken waren, die trockene Kleidung abgenommen hatten und sich noch ein wenig unterhielten, hörte man aus Gintas und Ryomas Zelt: „Ahhh! Ginta, Ginta, Ginta! Du du bist zu einer Katze mutiert! Ah!“ Dann hörte man nur noch ein lautes Miauen und eine Katze scheuchte Ryoma durchs Zelt. Halbnackt kroch Ryoma blitzschnell aus dem Zelt und blickte Oto und Ginta an. Sie fingen laut das Lachen an.
„Ginta! Was ist hier los!?“, fragte Ryoma ärgerlich.
„Das erklär ich dir…“ Er erzählte Ryoma die ganze Geschichte, während Oto in das Zelt ging und nach der Katze sah, die sich wohl vorhin unbemerkt in das Zelt geschlichen hatte. Ryoma wunderte sich etwas über Gintas Fund und es schien so, als hätte der Schwertkämpfer etwas gegen diese Katze. Oto kam aus dem Zelt und hielt die schwarze Katze in den Armen.
„Hör mal, Ginta… „, fing sie an, „Durch diese Aktion gerade, hat sich ihr Verband gelockert und da habe ich sie gleich einmal etwas untersucht. Die Wunde an ihrem Bein ist nicht so wild, mit etwas Salbe heilt das rasend schnell.“
„Dann können wir sie doch jetzt laufen lassen!“, schlug Ryoma vor, der einen schadenfreudigen Blick aufsetzte.
„So einfach ist das nicht“, erwiderte Oto, „Es wäre nicht schlecht, wenn wir sie mitnehmen, dann können wir noch ein Weilchen auf sie aufpassen.“
„Siehst du Ryoma… Außerdem ist sie doch nur eine kleine Katze, das ist doch kein Ding. Dann braucht sie ja nur noch einen Namen…“, fügte Ginta hinzu.
„Wie wäre es mit Dummkopf?“, fiel Ryoma ein, der sich darauf eine Kopfnuss von Oto einfing.
„Ich hab etwas Schönes…“, sagte Ginta, „Wie wäre es mit Myu?“
„Jaja… von mir aus“, murmelte Ryoma, der sich seinen Kopf rieb.
„Gut dann nennen wir sie ab sofort Myu!“, erklärte Oto und streichelte die schwarze Katze.
Nachdem auch Ryoma gegessen hatte, packten sie ihre Sachen zusammen und reisten weiter. Myu hatte ihren Platz in Gintas Tasche verdient, die mit einer Decke ausgepolstert wurde. Der Weg war nicht lang, denn Ryoma konnte von weitem schon das nächste Dorf, das auf der Karte eingezeichnet war, erkennen.
„Da ist es! Das muss… Mhh… Wie heisst es…“, fragte er sich.
„Das muss Kogeta sein…“, las Oto vor, die die Karte in Händen hielt.
Bei näherer Betrachtung sahen die Drei, dass alle Häuser verbrannt waren. Sie gingen in das Dorf hinein, sahen sich um und bemerkten, dass die Kinder seelenruhig auf den Straßen wie gewohnt spielten. Natürlich waren das die kleineren Kinder. Hier und da versammelten sich die älteren Kinder und halfen Männer, Trümmer von zerstörten Häusern wegzutragen und wieder aufzubauen. Komischerweise wurden die Drei nicht beachtet. Zielstrebig suchten sie den größten Schutthaufen auf, oder zumindest einen Ort wo ein Bürgermeister oder Dorfältester sein könnte. Das Dorf hatte wenige Straßen, deshalb waren sie schnell erfolgreich. Vor dem Schutthaufen saß ein alter Mann im Schneidersitz. Er meditierte oder dachte nach, das konnte man nicht beurteilen. Vorsichtig ging Ginta zu dem Mann hin, berührte seine Schulter und sprach: „Entschulgigung, mein Herr…“
Auf einmal schreckte dieser auf und kippte um.
„Aua….“, sagte dieser, während er sich wieder hochraffte, „Was fällt euch ein, mich hier zu erschrecken!“
„Tut… tut mir leid! Ich habe nicht gewusst, dass sie schlafen!“, entschuldigte sich Ginta.
„Schon gut… Ihr seht aus wie Reisende… Was macht ihr hier?“, fragte dieser.
„Wir wollten nur durchreisen…“, antwortete Oto.
„Aber wenn ich mal fragen darf…“, fügte Ryoma hinzu, „Was ist hier passiert?“
„Böse Menschen sind gekommen, die haben alles mitgenommen und das ganze Dorf dann angezündet!“, schrie ein kleines Mädchen weinend, das hinter dem großen Schutthaufen hervortrat.
„Tanuka! Lass das! Das sind Fremde, die brauchen nicht in unsere Angelegenheiten mit einbezogen werden! Geh wieder zurück und spiel mit den anderen!“, erklärte er prompt. Beleidigt lies sie ihren Kopf hängen und verschwand.
„Das ist meine Enkelin, Tanuka…“, erzählte er den Dreien.
„Dürfen wir jetz trotzdem wissen, was hier vorgefallen ist?“, fragte Ryoma, „Jetzt wo wir schon wissen, DASS etwas vorgefallen ist.“
„Also… ehm…“ Es fiel im sichtlich schwer, das zu sagen, „Ich darf mich doch sicher erstmal vorstellen. Mein Name lautet Sai, Sai Nencho, und wer seid ihr?“
„Mein Name lautet Ginta, das sind Oto und Ryoma“, er zeigte mit der Hand auf die beiden.
„Schön euch kennenzulernen, folgt mir…“
Er führte sie zu einem Platz im Zentrum des Dorfes. Dort waren ein großer Tisch aus Stein und viele Sitzgelegenheiten. Als sie sich gesetzt hatten, fing Sai an, zu erzählen: „Das waren Männer in schwarzen, langen Mänteln, die Zauber einsetzten, um das Dorf zu zerstören. Zuvor nahmen sie sich noch alles mit, was nicht niet- und nagelfest war. Glücklicherweise haben sie alle Dorfbewohner verschont. Nur unsere Männer versuchten Widerstand zu leisten, doch vergebens. Ich kann sagen, dass uns die Götter beschützt haben…“
‚Männer in schwarzen Mänteln… das müssen die Shal gewesen sein!‘, dachte Ginta sich, der wieder eine enorme Wut in sich verspürte.
„Das waren Shal… da bin ich mir sicher!“, sagte er nun laut, sodass es jeder hören konnte.
„Können wir in irgendeiner Art behilflich sein?“, fragte Oto nach.
„Nein, danke, wir schaffen das schon allein. Wir haben starke Männer, die schon wieder alles so aufbauen können, wie es war. Außerdem möchte ich euch nicht auf eurer Reise behindern.“
„Wir hoffen, dass bald alles wieder so wird wie vorher…“
In der Zwischenzeit war Myu wieder aus ihrem erholsamen Schlaf erwacht und kroch unbemerkt aus der Tasche. Leise schlich sie sich um Gintas Sitz herum und sprang auf den Tisch.
„Myu! Du bist ja wach“, sagte dieser, während er sie streichelte.
„Ich kenne diese Katze, die ist kurz vor diesem Vorfall aufgetaucht…“, merkte der Älteste an.
Ginta erklärte ihm noch, wie sie Myu gefunden hatten und warum sie mit auf die Reise ging. Sai bedauerte es, dass sie verletzt war, aber gestand, dass er sich keine Sorgen machte, wenn drei so liebenswerte junge Menschen sich um sie kümmerten. Ryoma machte einen gestressten Gesichtsausdruck, als er ihn das sagen hörte und blickte Myu vorwurfsvoll an. Diese fauchte ihn an und er schreckte etwas zurück.  Nach einiger Zeit machten sich die Freunde dann weiter auf den Weg nach Vernezye.