Kapitel 78 – Brutalität und Rivalität
Kapitel 79 – Falscher Sieg
Kapitel 80 – Zwei Schritte zurück
Kapitel 81 – Fast am Ziel
Kapitel 82 – Die Finsternis
Kapitel 83 – Gintas Wille
Kapitel 84 – Der Traum
Ende und Widmung
Kapitel 78 – Brutalität und Rivalität
Vier Personen, umhüllt in die dunkle Tracht der Shal, saßen in einen Raum und blickten auf kleine Bildschirme, die ein schwarz-weißes Bild von den neuesten Geschehnissen zeigten.
„Ich bin ja mal gespannt, ob Okura Ginta was antun kann…“, sprach einer der vier Personen.
„Das werden wir sehen“, meinte eine weibliche Stimme.
„Seht ihr? Seine Freunde scheinen auf dem richtigen Weg zu sein“, antwortete ein Anderer. Er zeigte dabei auf einen zweiten Bildschirm, der Gintas Freunde zeigte.
Ryoma bahnte sich mit seinem Schwert einen Weg durch das Dickicht des Dschungels. Die anderen folgten ihm.
„Es ist so heiß“, schnaufte Tsuru, die von Kûosa getragen wurde.
„Da hat sie recht…“, säuselte Jumon, der sich mit einem dicken Buch Luft zufächerte.
„Abartig ist es hier“, schimpfte Matra, „Wieso hat jemand so einen kranken Garten im Keller seines Quartiers?“
„Nun ja, vielleicht ist der Boss hier ja ein Exotenfreund“, antwortete Denji gelassen.
„Könnt ihr euch nicht konzentrieren? Dann finden wir Ginta auch schneller“, nörgelte Sayoko. Ihr ging dieses Umherirren total auf den Geist.
„Wartet“, meinte Ama, „Ich glaube, ich habe von dort hinten Geräusche gehört…“
Ginta konnte es nicht fassen, welchem Wesen er da gegenüberstand. Anscheinend handelte es sich um einen großen Menschen, der aber so wilde Züge an sich hatte, dass man diese Annahme nicht bestätigen konnte. Er hatte im Gesicht, an den Armen und Beinen und auf seinem Rücken Haare. Seine Hände ähnelten eher muskulösen Pranken. Stofffetzen hingen ihm über Schulter und Hüfte.
Das menschenähnliche Wesen lies ein lautes Brüllen von sich und Ginta wich einige Schritte zurück.
„Erinnerst du dich noch…“, brummte dieses Etwas.
Ob er sich erinnern konnte? Dafür musste Ginta es noch weiterhin mustern. Er sah dem Monster direkt ins Gesicht und meinte ein Gesicht zu erkennen, das er schon einmal gesehen hatte.
„Du und dein Schwertkämpferfreund… Ihr habt mich damals ziemlich zunichte gemacht“, brummte es weiterhin.
„Warte… bist du nicht der Kerl, der damals Oto entführt hat?“, erinnerte sich Ginta langsam.
Es kam langsam auf Ginta zu und nickte.
„Ja und ihr habt meinen Auftrag zunichte gemacht, weswegen ich hier gelandet bin“, brummte es, „Ich bin Okura Ito und du – Ginta – hast mein Leben zerstört!“
Okura brüllte wieder los, Ginta sprang einen Schritt zurück und zog seinen Schwertstab. Jetzt würde es wohl zu einem Kampf kommen.
„Wenn ich dich töte… Dann komme ich wieder frei!“
Ob es wohl soweit kommen würde? Ginta durfte sich von diesem Typen nicht aufhalten lassen. Er hatte ein Ziel und dieses galt es für alle Fälle zu erreichen.
„Das lasse ich nicht zu!“, erwiderte Ginta mutig.
Er drehte sein Kesobou etwas in der Hand und beobachtete, ob Okura angreifen würde. Doch er wartete. Sollte Ginta nun den ersten Schritt wagen? Okura machte einen langsamen Eindruck. Wenn er den ersten Schlag landen könnte, wäre dieser sicher so erzürnt, dass er sofort angreift. Das gäbe Ginta die Möglichkeit, ihn etwas besser zu beobachten und Fehler zu finden. Er stürmte auf seinen behaarten Gegner zu und versuchte ihn mit seiner Klinge zu verletzen, doch Okura beugte sich nur nach vorne und rammte seine kräftigen Hände in den Boden. Dann strengte er sich etwas an und hob eine Schicht Boden nach oben und kippte diese um. Da Ginta dort stand, wurde er so nach hinten geschleudert. Für ihn kam das so überraschend, dass er seine Waffe fallen ließ.
Ginta lag auf dem Boden und wollte sich aufrichten, als Okura Ito durch die aufrecht stehende Bodenplatte brach und ihn dann an den Füßen packte. Reflexartig wollte Ginta nach seiner Waffe greifen, musste aber feststellen dass sie zu weit von ihm weg lag.
Mit seinen riesigen Händen packte Okura Ginta also an den Beinen und hob ihn hoch. Mit Schlägen versuchte Ginta sich zu wehren, traf aber nicht und wurde zudem von dem Schmerz des immer fester werdenden Griffes Okuras abgelenkt.
Okura hielt Ginta erst so weit von sich weg wie er nur konnte. Dann jedoch zog er Gintas Körper mit einem Ruck zu sich und verpasste ihn mit seinem Knie einen kräftigen Stoß in Gintas Rückgrat. Dann warf Okura Ginta auf den Boden.
Er schrie vor Schmerz, als sein Körper auf dem feucht erdigen Boden aufschlug.
Okura grinste und musste sein Lachen unterdrücken, damit er diese Worte verständlich sagen konnte: „Du bist gar nicht stärker geworden…“
„Da täuschst du dich…“, murmelte Ginta leise und richtete sich wieder auf. Er klopfte den Dreck von seiner Kleidung, fuhr mit seiner Hand über sein Gesicht und spuckte etwas Blut auf den Boden. ‚Ich kann viel mehr als du denkst!‘, dachte sich Ginta.
Ginta sprintete nach vorne und stand unter dem Brustkorb des nach vorne gebeugten Okura, der viel größer war als Ginta.
Dann rammte er seine Faust in Okuras Brust und während Ginta einen starken Schrei von sich ließ, wurde Okura durch einen starken Wirbelwind nach oben geschleudert. Ginta lief einige Schritte zurück, ging in die Knie und sprang in die Luft. Sein Gegner, der wieder zu Boden fiel, war nun ein leichtes Ziel für ihn. Ginta faltete seine Hände zusammen und schlug einmal fest auf den behaarten Rücken, wodurch Okura noch schneller zu Boden fiel.
Doch er fiel nicht, Okura drehte sich einmal um sich selbst und landete dann sicher auf seinen Füßen.
„Du kannst mir nichts anhaben!“, brüllte Okura.
Immer schneller fiel Ginta wieder zum Boden zurück. Er schluckte. Jetzt war er völlig ohne Deckung!
Ginta raste auf Okura zu der zum Schlag ausholte. Dann schlug er zu. Doch im selben Moment stieß Ginta seine Arme nach vorne und schwächte mit einem schwachen Wirbelwind seinen Sturz ab. Okura verfehlte seinen Angriff und Ginta landete sacht auf dem Boden.
„Das hättest du nicht erwartet, oder?“, gab Ginta von sich.
„Mir doch egal“, brummte Okura wieder.
Kurz darauf rammte er seine riesigen Hände wieder in den Boden und holte einen Felsen aus dem Boden heraus. Mit seinen Pranken zertrümmerte er den Fels entzwei und warf erst die eine und dann die andere Hälfte gegen Ginta. Als dieser jedoch dem ersten Brocken ausweichen wollte, dies auch erfolgreich schaffte, traf ihn der zweite Brocken überraschend. Dieser zerbarst in mehrere Teile und Ginta wurde gegen einen Baum in der Nähe geschleudert.
Schnaufend lag er neben dem Baum und richtete sich langsam auf. Er fühlte seinen Oberkörper nach Verletzungen ab, doch fand nichts.
‚Zum Glück hat mich die Weste, die ich von Riven bekommen habe, vor mehr Schaden bewahrt‘, dachte sich Ginta. Ihm war etwas schwindelig, als er wieder auf seinen wackeligen Beinen stand.
Okura gab ihm jedoch keine Zeit sich zu erholen und stampfte zu Ginta um ihn an seinem Kopf zu packen. Mit einer Hand hob er ihn hoch und Ginta hing in der Luft.
„Lass mich los!“, brüllte Ginta und versuchte sich irgendwie loszubekommen.
„Du bist echt schwach“, vibrierte Okuras Stimme in Gintas Kopf.
„Ich bin nicht schwach!“, wehrte sich Ginta und versuchte zu treten. Doch Okuras Griff wurde immer fester und der Schmerz, der durch Gintas Körper fuhr, lähmte ihn.
Es war langsam genug. Warum schlug sich Ginta mit diesem Typen herum? Obwohl er doch endlich den Boss der Shal in den Hintern treten wollte.
Wieso nur jetzt? Er schloss seine Augen für einen Moment und ging in sich. Er fühlte sich so aufgewühlt und gleichzeitig auch so kraftlos.
„Das war’s nun!“, brüllte Okura und wollte Ginta mit aller Gewalt den Kopf zerquetschen.
Ginta schrie vor Schmerz auf. Das konnte es jetzt doch nicht schon sein! Noch nicht jetzt!
Eine enorme Kraft floss Ginta durch den Körper. Als er seine Augen wieder öffnete, griff er mit seinen Armen, die plötzlich in blauen Flammen aufgingen, nach Okuras Arm, der ihn immer noch fest hielt. Schweißperlen liefen ihm über die Stirn. Ginta musste sich anstrengen, die immense Kraft, die durch seinen Körper floss, zu kontrollieren.
Er drückte so fest zu wie er konnte und er spürte, wie Okuras Griff immer lockerer wurde. Irgendwann ließ er Ginta dann los, der langsam zu Bode glitt.
„Jetzt bist du alle…“, gab Ginta leise von sich und stand auf.
Die Energie, die aus seinem Körper strömte, ließ kleine Steinchen auf dem Boden nach oben schweben.
Mit einem Mal schnellten seine Arme nach vorne und Ginta ließ einen blau-flammenden Tornado auf seinen Gegner los. Okura war besiegt und löste sich wortwörtlich in Luft auf.
Geschafft. Ginta ließ sich auf den Boden nieder und holte erst einmal tief Luft.
„…von hier kamen die Geräusche“, hörte Ginta auf einmal eine Stimme reden. Er sah sich um und entdeckte seine Freunde, die erleichtert waren, ihn zu sehen.
„Was hast du denn hier gemacht? Und wie siehst du denn aus? Warum bist du denn einfach so weggegangen? Wir haben uns Sorgen gemacht!“, wunderte sich Oto, die in diesem Moment fast wie eine Mutter klang. Sayoko strafte ihn mit einem bösen Blick.
„Ich… hab hier nur jemanden getroffen. Diesen Typen, der Otos Heimatstadt damals angegriffen hatte. Er wollte unbedingt Rache nehmen“, murmelte Ginta. Er fühlte sich schwach.
„Hast du etwa gekämpft?“, fragte Ryoma.
Ginta nickte.
„Dann lass dich mal ansehen“, meinte Oto und untersuchte ihn etwas. „Scheint ja nicht so schlimm zu sein.“ Sie nahm aus ihrer Tasche eine kleine Flasche und drückte sie Ginta in die Hand. „Trink das, dann geht’s dir etwas besser.“
„Danke, Oto“, meinte Ginta.
Nach kurzer Zeit schien es Ginta schon wieder etwas besser zu gehen.
„Das nächste mal solltest du wirklich nicht allein unterwegs sein, vor allem nicht im Hauptquartier der Shal!“, schimpfte Sayoko mit ihm.
„Tut mir Leid, aber… Wir sollten weiter!“, meinte Ginta und stand auf. „In der Höhle ist die Tür, denke ich…“
„Geht es dir auch wirklich gut?“, hakte Ryoma noch einmal nach.
„Japp.“
„Das werde ich hoffen“, schimpfte Sayoko weiter.
„Dann sollten wir wirklich weiter“, antwortete Ryoma.
Die Freunde gingen in die Höhle, die nicht erstaunlich tief war. Tatsächlich befand sich darin die Tür, die zu einem neuen Gang führte. Sie folgten dem spärlich beleuchteten Gang zu einem kleinen Raum mit lauter Bildschirmen.
„Scheint als wären wir endlich da…“, bemerkte Ryoma der auch schon gleich anfing die Sicherheitsmechanismen allesamt auszuschalten.
Kapitel 79 – Falscher Sieg
In einem kleinen Raum, der fast nur durch die vielen Bildschirme, die sich darin befanden, beleuchtet war, saßen die Freunde nun und machten eine kurze Pause.
„Geschafft“, presste Ryoma aus sich heraus und ließ sich erleichtert auf dem Boden nieder. „War echt schwer, das Passwort zu knacken, aber ich habe es geschafft.“
„Danke Ryoma“, bedankte sich Ginta und sah ihn mit einem leichten Lächeln auf den Lippen an.
„Wie geht es jetzt weiter?“, fragte Denji. „Mir kommt das ganze hier nämlich sehr komisch vor.“
„Mir auch“, meldete sich Sayoko zu Wort. „Ich habe meine Sorgen. Es ist doch eigenartig, dass hier niemand ist und dass uns niemand aufhalten will.“
„Erst hat man uns in unserem Gasthaus fast überfallen und hier soll Totenstille herrschen? Mir ist das auch nicht geheuer“, fügte Matra hinzu.
Die Situation war wirklich komisch. Eigentlich hätten die Shal die Freunde schon längst bemerken müssen, auch mit Verkleidung. Es wirkte fast so, als würden die Shal sie mit Absicht vorankommen lassen.
Shiana stand neben Kûosa, an den sich Tsuru kuschelte. Sie bemerkte, dass es Tsuru unangenehm war, weiterhin hier unten zu sein.
„Sollten wir nicht weiter?“, fragte Shiana zögerlich und sofort reagierten die anderen.
Ginta stand aus seiner Hocke auf und sah die anderen entschlossen an. „Los geht’s! Wir können hier nicht einfach herumsitzen und uns den Kopf darüber zerbrechen, ob sich die Shal einen Scherz mit uns erlauben oder nicht. Wir müssen es einfach herausfinden.“
„Da stimme ich Ginta zu!“, antwortete Denji mit überzeugter Haltung.
„Reden allein bringt nicht viel…“, gab Ama noch zur Antwort.
„Also müssen wir dann wieder mit dem Aufzug nach oben, richtig Ryoma?“, hakte Oto nach.
Dieser nickte. „Wir müssen aber durch ein geheimes Treppenhaus, da ich auch die Aufzüge abschalten musste. Jedoch konnten so die Zugänge zu den Treppenhäusern erfolgreich geöffnet werden.“
„Dann machen wir uns auf den Weg“, sagte Ginta, ging zur Tür und wollte diese öffnen. Sayoko stoppte ihn aber zuvor, indem sie ihn von der Tür wegdrängte. Dann öffnete sie selbst die Tür, aber ganz sachte und vorsichtig, als würde sie erst sicher gehen wollen, dass draußen reine Luft war.
Als alle den Raum verlassen hatten, staunten sie nicht schlecht als sie bemerkten, dass dies die gleiche Tür war wie die, die sie anfangs nicht aufbekommen hatten.
„Genau wie ich geplant hatte“, grinste Ryoma.
„Wo müssen wir nun entlang?“, fragte Ginta und Ryoma deutete auf die Wand, in der der Aufzug eingelassen war. Weit links, neben dem Aufzug, blinkte nun ein kleines Licht.
Der Schwertkämpfer ging auf das Licht zu, drückte mit seiner Handfläche eine Art Schalter und es öffnete sich eine Tür. Es war die Tür zum Treppenhaus.
Einer nach dem anderen ging nun die Stufen zum nächsten Stockwerk nach oben. Sayoko, die das Schlusslicht bildete, sah immer wieder bedrückt und wartend zur Seite, als würde sie spüren, dass etwas passieren würde.
Die Stufen der Treppe waren relativ flach und die Wände waren kalt und steinig. Das Treppenhaus war spärlich mit fackelähnlichen Leuchten beleuchtet und führte nur sehr langsam nach oben.
Es dauerte nicht lange, da kamen die Freunde auf einer Zwischenebene an, die ein großer, leerer Raum war.
Um zur nächsten Treppe zu gelangen, mussten sie diesen Raum durchqueren. Wenn das nur so leicht gewesen wäre.
Mitten im Raum stand eine Person, in einem mit goldenen Mustern verzierten, schwarzen Umhang gekleidet. Die Kapuze war tief ins Gesicht gezogen.
„Schön euch zu sehen“, begrüßte die weibliche Stimme die Gruppe. „Jetzt seid ihr gar so weit gekommen und da muss ich euch schon sagen, dass es nicht mehr weiter geht für euch.“
Sayoko schluckte. Sie wusste, dass so etwas passieren würde.
„Das kannst du knicken!“, entgegnete Denji provozierend.
„Und ob wir weitergehen“, meinte Ginta und wollte schon seine Waffe ziehen.
„Warte“, hielt ihn Ama zurück.
Ginta sah ihn verwundert an, ließ dann jedoch von dem Gedanken ab, gleich auf ihren Feind loszustürmen.
Die Person im Mantel kam etwas näher. „Es wird mir eine Freude sein, euch in den Boden zu stampfen!“, lachte sie plötzlich. Dabei warf sie ihren Kopf nach hinten und ihre Kapuze rutschte herunter.
Die Freunde erkannten jetzt erst, um wen es sich da handelte.
„DU!“, brüllte Matra und wollte schon nach vorne stürmen, aber Sayoko konnte sie noch rechtzeitig aufhalten.
„Warte…“, murmelte Sayoko.
„Ja, ich bin es, schön dass du mich wieder erkennst. Erinnert ihr euch noch an meinen Namen? Sadikurouro Seihei… gestatten…“
Sadikurouro Seihei war die Monarchin, die damals in Matras Dorf das Heiligtum gestohlen hatte und Matras beste Freundin dazu gebracht hatte, das Dorf zu verraten.
„Wo ist Uwanari? Sag es mir!“, forderte Matra und ballte ihre Fäuste.
Sadikurouro zog aus ihrem Mantel ein Klemmbrett und schob mit ihrer anderen Hand ihre Brille nach oben. „Das musst du schon selbst herausfinden, steht hier…“, gab Sadikurouro zur Antwort.
„Was machen wir jetzt?“, fragte Sayoko die anderen.
„Natürlich kämpfen!“, gab Denji zur Antwort.
„Aber wir müssen doch nicht alle gleichzeitig gegen sie kämpfen, oder?“, wandte Jumon ein.
„Ich werde allein gegen sie kämpfen!“, stellte sich Matra als Freiwillige bereit.
„Weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, sie ist stark…“, überlegte Ryoma.
„Ich bin stärker“, brummte Matra.
„Lasst sie doch kämpfen, es ist eben ihr Kampf“, unterstützte Ginta sie und lächelte sanft. In diesem Augenblick durchfuhr Ginta ein Gefühl, dass ihm Sicherheit gab, Matra kämpfen lassen zu können. Ihre Entschlossenheit übertrug sich auf ihn, wie als wären sie in diesem Moment verbunden gewesen.
„Gut, dann sorge ich dafür, dass sie beschäftigt ist und ihr geht einfach weiter, ja? Ich komme später dann nach!“
„Geht klar“, sagte Ginta. Doch die anderen waren sich nicht ganz sicher, ob das wirklich gut verlaufen würde.
Matra schnappte sich ihre Äxte und stürmte auf Sadikurouro zu, die in diesem Moment eine Steinmauer aus dem Boden zog, um sich zu verteidigen. Diesen Moment ließen die anderen nicht ungenutzt und stürmten zur Treppe. Sie sprinteten nach oben. Tsuru stolperte jedoch auf der ersten Stufe und fiel hin. Die anderen waren in dem Moment so schnell nach oben gerannt, dass nur Kûosa bemerkte, dass sie hingefallen war. Er wollte ihr helfen, doch bevor er ihr aufhelfen konnte, sprintete Sadikurouro zum kleinen Mädchen, packte sie an den Beinen und schleuderte sie durch dem Raum. Mitten im Raum wurde sie dann durch einen Haufen Erde, der aus dem Boden schoss abgefangen, dann glitt sie zu Boden und die Erde formte eine Art Käfig um sie herum.
„Tsuru!“, rief Matra und wollte sofort auf sie zustürmen.
„Matra!!“, brüllte Tsuru mit einem mit Tränen überströmten Gesicht. Die Situation schockte das kleine Mädchen so sehr, dass sie in diesem Moment nicht mal mehr aufstehen konnte, um zu versuchen aus diesem Gitter aus Erde irgendwie herauszukommen.
Matra rannte also auf das erdige Gefängnis zu, das Tsuru umgab, um sie irgendwie davon zu befreien, wurde aber dadurch aufgehalten, dass ein riesiger Hammer aus Stein plötzlich auf sie einschlug.
Kûosa verstand nun die Situation und rannte los. Er wollte Sadikurouro zu Boden bringen. Jedoch kontrollierte sie die Erde so, dass sie mit einem Stampfen auf den Boden eine Erdwelle erzeugte, die Kûosa umwarf.
Matra hatte alle Hände voll damit zu tun, den Schlägen des schwebenden Steinhammers auszuweichen.
„Tsuru, halt durch! Ich befreie dich gleich!“, brüllte Matra.
„Matra, hilf mir!“, weinte Tsuru und versuchte irgendwie auf die Beine zu kommen. Doch ihre Glieder fühlten sich so schwer an und sie hatte einfach keine Kraft, sich zu bewegen.
„Jetzt hör mir doch auf zu weinen…“, murmelte Sadikurouro und betrachtete wieder ihr Klemmbrett. „Das Kind zur Ruhe stellen… Das steht hier, also mache ich es…“
Dann schnippte sie und aus der Decke des Käfigs bewegte sich ein Strang Erde auf Tsurus Kopf zu, umschlang ihren Mund und so war sie ruhig gestellt. Sadikurouro strich mit ihrem Stift den nächsten Punkt, den sie hinter sich gebracht hatte, durch.
Matra war verzweifelt. Die Situation war doch schwerer zu bändigen als sie anfangs gedacht hatte. Irgendwie musste sie sich jetzt einen Plan ausdenken, Tsuru zu befreien, Sadikurouro zu besiegen und herauszufinden wo sich Uwanari befand.
Der steinerne Hammer schlug immer wieder auf sie ein. Geschickt wich sie jedem Schlag aus. Dann fiel ihr etwas ein. Sie warf ihre eine Axt einfach in Richtung des Käfigs um zu probieren, ob die Axt in der Lage war die Stäbe zu zerstören, während sie weiterhin den Schlägen des Hammers auswich.
Die Axt flog in Richtung des Käfigs und blieb in der Erde stecken.
Bevor Sadikurouro bemerken konnte, was Matra da überhaupt tat, wurde sie überraschend von Kûosa angegriffen, der sich wieder aufgerafft hatte. Er schleuderte seine riesige Pranke direkt auf die Frau, die sich im letzten Moment noch mit ihrem Klemmbrett verteidigen konnte, bevor sie dann einige Meter weiter auf den Boden gestoßen wurde.
Matra, die Kûosas Angriff mitbekam, nutzte die Situation gekonnt aus. Mit einem Seitenschritt wich sie dem steinernen Hammer aus, packte dann dessen Ende und schleuderte ihn mit aller Kraft gegen den Käfig, in dem Tsuru gefangen war. Der Hammer löste sich dann plötzlich auf und der Käfig begann so langsam zu bröckeln. Sofort stürmte Matra dort hin, um mit ihren Äxten den Käfig komplett zum Bersten bringen zu können. Was sie dann letztendlich auch schaffte.
Tsuru drückte sich fest an ihre Befreierin. Ihre Tränen strömten über ihr rotes Gesicht.
„Jetzt wird alles gut…“, murmelte Matra und drückte sie tröstend an sich.
„Das glaubst du wohl selbst nicht…“, hörte sie hinter sich plötzlich Sadikurouro sprechen.
„Was?!“, rief Matra die sich verwundert umdrehte. Hatte Kûosa sie nicht zu Boden geschleudert?
Vor ihr stand Sadikurouro Seihei und neben ihr lag Kûosa, gefesselt in Ketten aus Stein. Er hatte ebenfalls einen Maulkorb um seine Schnauze bekommen. Hilflos lag er dort auf dem Boden und sah Matra flehend an.
Doch bevor Matra ihre Waffe aufheben konnte und Tsuru hinter sich stellen konnte, vibrierte die Erde schon und eine Faust aus Erde, die plötzlich aus dem Boden erschien, schlug Matra gegen eine Wand und schnappte sich Tsuru, die wieder mit ihren ängstlichen Hilferufen nach Matra schrie.
Matra bekam von dem jedoch nicht viel mit. Ihr schlaffer Körper rutschte die Wand entlang, bis sie auf dem Boden ankam. Eine kalte Taubheit durchströmte ihren Körper und ihre Augenlider wurden immer schwerer.
Dann sah sie eine Silhouette vor sich und hörte eine Stimme, die ihr ziemlich bekannt vorkam.
„Endlich haben wir das kleine Mädchen…“, sagte Sadikurouro.
„Dann können wir weiter?“, entgegnete eine andere, weibliche Stimme.
Dann wurden die Geräusche, die Matra wahrnahm immer dumpfer.
„Uwanari…“, murmelte sie in ihren Gedanken vor sich hin, bis sie dann in die Bewusstlosigkeit fiel.
Kapitel 80 – Zwei Schritte zurück
Ginta und die Anderen sprangen die Stufen nach oben zur nächsten Ebene. Oto hatte ein merkwürdiges Gefühl. Irgendetwas war anders als vorher. Sie blieb stehen, woraufhin auch Ama stehen blieb. Fragend blickte er sie an.
Oto drehte sich um und bemerkte es dann.
„Tsuru ist nicht mitgekommen! Ich sollte lieber nach ihr sehen“, meinte sie und ging die Stufen wieder nach unten.
„Aber Oto, warte doch…“, bat Ama und folgte ihr dann.
Die Freunde merkten nicht, dass nun Oto und Ama gegangen waren und machten sich weiter auf den Weg zur nächsten Ebene.
Dort angekommen machten die Freunde erst eine kurze Rast.
„Wir müssten bald wieder bei den oberen Ebenen angelangt sein…“, erklärte Ryoma. „Halt wartet mal… warum sind wir gerade so wenig?“
„Das wollte ich eben auch fragen“, fügte Ginta hinzu. „Oto, Tsuru, Kûosa und Ama fehlen plötzlich.“
„Habt ihr gemerkt, dass sie nicht mit uns gekommen sind?“, fragte Sayoko.
„Nicht wirklich“, gab Denji zur Antwort. Jumon schüttelte den Kopf.
„Vielleicht sind sie gestolpert“, meinte Shiana.
„Das glaub ich eher nicht…“, murmelte Ryoma.
„Geht ihr schon mal vor. Jumon und ich gehen zurück und holen euch dann gleich wieder ein, ja?“, schlug Sayoko vor und zerrte Jumon sogleich zu sich.
„Seid aber vorsichtig. Wir können nicht wissen, wann die nächsten Shal auftauchen“, erklärte Ryoma und machte sich dann zusammen mit Denji, Shiana und Ginta sich wieder auf den Weg. So durchquerten sie den Raum und nahmen die Treppe zur nächsten Etage.
Als Sayoko und Jumon sich wieder umdrehen wollten, um zurück zu laufen, stand auf einmal ein Kerl in einem schwarzen, mit goldenen Mustern verzierten, Umhang vor der Treppe und drehte unruhig ein Mikrofon in seiner Hand umher.
„Na… erkennt ihr mich wieder?“, begrüßte der Kerl die Zwei. Dann ging er einen Schritt auf Sayoko und Jumon zu und nahm dabei seine Kapuze ab.
Er hatte bunte, stachelige Haare und er trug einige goldenen Ketten um seinen Hals. Solch ein überhebliches Grinsen kam Sayoko und Jumon irgendwie bekannt vor.
„Ich bin es natürlich, der wunderbare Kankoban Sara-dono!“, lachte der Typ und sprach dabei in sein Mikrofon, doch man hörte seine Stimme nicht aus Lautsprechern widerhallen.
„Dich kenne ich doch…“, murmelte Sayoko.
„Ja, jetzt wo du es sagst“, überlegte auch Jumon. „Aber ich komm einfach nicht darauf.“
„Kankoban Sara-dono! Habt ihr nicht zugehört?“, ärgerte sich Sara.
„Da war doch einmal was…“, grübelte Sayoko weiterhin.
„Kann es sein, dass er damals das… nein… das kann nicht sein“, dachte Jumon laut.
„Ich hab’s!“, stieß es aus Sayoko und Sara wie auch Jumon sahen sie gespannt an. „Ich hab dich noch nie gesehen!“
Sara brach fast zusammen. „Was soll das denn heißen!?“, brüllte er, „Mein wunderschönes Gesicht muss man doch wiedererkennen!“
„Nein… ich kenne dich auch nicht“, gestand Jumon und kratzte sich am Kinn.
„Euch werde ich es zeigen!“, brüllte Sara und stieß seine Arme nach vorne. Plötzlich erschienen zwei kreisrunde Platten vor seinen Händen, die in der Luft schwebten.
„Obwohl…“, murmelte Sayoko, „Diese Kampftechnik kommt mir wiederum bekannt vor.“
Sara zog seine Arme nun wieder zu sich und die fliegenden Scheiben vermehrten sich. Dann fuchtelte er wild mit seinen Armen und ließ die Scheiben um seinen Körper herumfliegen.
Sayoko und Jumon gingen erst einmal ein paar Schritte zurück.
„Scheint so, als könnten wir einem Kampf nicht mehr ausweichen, nicht wahr?“, sagte Sayoko und grinste dabei leicht.
„Dir gefällt es, die Bösen zu vermöbeln, nicht wahr?“, seufzte Jumon.
„Ihnen gehört aber auch einmal richtig der Hintern versohlt! Sie haben es nicht anders verdient.“
Sayoko zog ihren Dolch aus dem Halter und Jumon schloss kurz seine Augen. Er musste sich nun darauf konzentrieren, ob er sich nicht von einem Geist in der Nähe die Kräfte borgen konnte. Nach kurzer Zeit spürte er dann die Präsenz eines Geistes, den er gleich um Hilfe bat.
Nun waren Sayoko und Jumon kampfbereit.
Sara kam etwas näher. Die um ihn herumfliegenden Scheiben gewonnen immer mehr an Geschwindigkeit, je näher Sara den Zweien kam. Dann erreichten die Scheiben so eine Schnelligkeit, dass Sayoko und Jumon Sara mit dem Auge kaum mehr wahrnehmen konnten.
Nachdenkend blickte Sayoko Jumon an. Ohne zu reden, verstanden sie sich augenblicklich. Sofort rannten sie in zwei unterschiedliche Richtungen.
Sara aber lächelte nur überheblich. Mit einer kleinen Handbewegung schickte er zwei der Scheiben auf Verfolgungsjagd.
Sayoko und Jumon liefen erst in einem großen Bogen voneinander weg und kamen sich dann wieder entgegen. Sayoko musste wieder grinsen, als sie direkt auf Jumon rannte.
Die fliegenden Scheiben verfolgten die zwei immer noch. Als Sayoko und Jumon sich dann ganz nah waren, schrie Sayoko: „Jetzt!“
Beide sprangen in die Luft und die Scheiben kollidierten, fielen zu Boden und lösten sich auf.
„Ha… Ihr denkt wohl, dass ihr mit der Technik unbesiegbar seid? Da lach ich nur!“, lachte Sara und schickte nun mehrere Scheiben gleichzeitig los.
Die Scheiben flogen wie wild durch den Raum.
Jumon fand es relativ einfach, den Scheiben geschickt auszuweichen. Sayoko tat sich dabei jedoch etwas schwerer. Ihr Blick schweifte ständig von einer Ecke des Raumes zur anderen, während sie sich langsam um sich drehte, um die Scheiben gut beobachten zu können.
Sie sprang immer wieder zurück um auszuweichen und dann, als es richtig knapp war, versuchte sie den Schlag der Scheiben mit ihrem Dolch zu parieren.
„Sayoko, was machen wir jetzt?“, hakte Jumon nach.
„Ich weiß auch nicht so genau“, gab sie zu, machte eine kurze Pause um weiteren Scheiben auszuweichen und sprach dann weiter, „Es wirkt fast so, als hätte dieser Kerl einen unaufhörlichen Vorrat dieser Dinger parat! Wir brauchen irgendeinen offenen Moment, in dem wir zurückschlagen können.“
„Ich sehe aber keinen. Er wird komplett von diesen Dingern geschützt.“
„Es muss aber eine Stelle geben, an der er verletzlich ist!“, schnaufte Sayoko, als sie zur Seite sprang.
„Mh…“, gab Jumon nur von sich und überlegte weiter. Es dauerte nicht lange, da kam ihm schon eine Idee.
„Sayoko!“, rief er während er auf Sara zu rannte.
Sayoko drehte sich um und sah zu was er machte. Jumon tat so, als würde er Sara direkt angreifen, achtete dabei aber auf die Scheiben, die durch den Raum flogen. Eine der Scheiben sauste direkt auf Jumon nieder. Im richtigen Moment sprang er über Sara und die Scheibe knallte direkt auf eine der Scheiben, die seinen Körper umflogen. Beide der Scheiben lösten sich auf.
Sayoko verstand nun. Sie versuchte dasselbe wie Jumon zu machen und die angreifenden Scheiben auf die verteidigenden Scheiben umzulenken.
So schafften es die beiden, einige Scheiben aus dem Weg zu räumen.
Dann auf einmal blieben die Scheiben stehen und Sara lachte. Jumon und Sayoko blieben verwundert stehen und betrachteten die Situation abwartend.
„Ihr dachtet wirklich, ihr könntet mich damit fertig machen?“, lachte Sara und ein überhebliches Grinsen zog sich über sein Gesicht.
Aus den letzten fünf Scheiben, die durch den Raum flogen, schlugen auf einmal schwarze Blitze auf den Boden, die Decke und die Wände ein.
„Versucht einmal, damit klar zu kommen!“
Auf einmal wurden die Blitze stärker und schlugen nun gezielt in Jumons und Sayokos Richtung ein. Wieder waren die zwei damit beschäftigt, den Angriffen Saras auszuweichen. Die Geschwindigkeit der Angriffe nahm immer mehr zu. Es wurde schwieriger und schwieriger auszuweichen. Plötzlich wurde Sayoko von zweien der Blitzen getroffen und flog zu Boden.
„Sayoko!“, rief Jumon und rannte sofort zu ihr. „Ist alles in Ordnung mit dir?“
„Passt schon…“, schnaufte sie schwer und stand wieder auf.
Doch in dem Moment flogen alle Scheiben auf die zwei zu und schleuderten ihre Blitze. Sayoko versuchte noch Jumon beiseite zu schubsen, schaffte es aber nicht und beide flogen zu Boden.
„Das war’s…“, grinste Sara und drehte sein Mikrofon wieder ungeduldig in seiner Hand.
„Das denkst auch nur du!“, rief plötzlich eine andere Stimme und im selben Augenblick wurde Sara von hinten mit von Ama umgestoßen, der sich in einer Art Wasserummantelung befand. Das Wasser löste sich von seinem Körper als Sara auf dem Boden lag.
„Oto, dort liegen sie… Ich kümmere mich um ihn“, meinte Ama und deutete auf Jumon und Sayoko, die etwas weiter weg auf dem Boden lagen.
Sofort kümmerte sich Oto um die Verletzungen der zwei und versuchte sie wieder auf die Beine zu kriegen.
Ama beschäftigte sich währenddessen mit Sara, der gerade aufstand. Doch bevor er seine Scheiben auf Ama niedersausen lassen konnte, packte Ama ihn und hob ihn in die Höhe.
„Wenn du meinen Freunden noch einmal etwas antust…“, drohte Ama ihn und warf ihn gegen die Wand.
Sara erreichte diese aber nicht, da er es schaffte, sich durch seine Scheiben auffangen zu lassen und so glitt er sanft zu Boden. Er schnippte mit den Fingern und wieder schossen die schwarzen Blitze aus den Scheiben. Ama wich gekonnt aus, bewegte sich auf Sara zu und ballte seine Faust. Aus Amas Faust quoll Wasser, als er sie zurückzog um mehr Kraft für seinen Schlag zu haben. Sara schaffte es noch, eine Scheibe verteidigend vor seinen Körper zu bewegen, doch Amas Schlag war voller Wucht, wodurch die Scheibe zerbarst und Sara direkt gegen die Wand geschleudert wurde, um dann bewusstlos zu Boden zu gehen.
„Wie geht es den anderen?“, erkundigte sich Ama, während er wieder auf Oto zuging.
„Es scheint ihnen bald besser zu gehen. Sie haben nur einiges eingesteckt“, erklärte Oto.
„Das… war immer noch nicht… alles…“, murmelte Sara, der wieder zu sich kam. Sofort drehte sich Ama wieder um, doch bevor er realisieren konnte, was passierte, war es zu spät. Sara schaffte es noch, mit seiner letzten Kraft einen enorm starken Blitz auf die Freunde zu schleudern. Ama versuchte noch, Oto und die anderen mit sich zu ziehen. Glücklicherweise traf sie der Strahl nicht direkt, sondern schlug neben ihnen ein. Die Decke fing zu bröckeln an und große Steinbrocken fielen von der Decke und versperrten alle Zugänge zu dem Raum.
Dann fiel Sara wieder in die Bewusstlosigkeit.
Ama schleuderte die heruntergefallenen Brocken geschickt ab, sodass den Freunden nichts passierte. Jedoch waren sie nun in diesem Raum gefangen, wie sich herausstellte.
Oto sah Ama verzweifelt an.
„Ginta muss wohl noch etwas auf uns warten…“, murmelte Ama und fing im selben Moment an, die schweren Gesteinsbrocken aus dem Weg zu räumen.
Kapitel 81 – Fast am Ziel
Ginta legte eine kurze Verschnaufpause ein, als sie endlich wieder das Erdgeschoss erreichten, von dem sie mit dem Aufzug aus in den Keller gefahren waren.
Er stützte sich auf seine Knie und holte tief Luft.
Bald war es soweit, dann stünde er dem Boss der Shal gegenüber und dann konnte er endlich seinem großen Wunsch nachgehen. Dann konnte er sich endlich für seine Eltern und für Soijitonoma rächen und für all die, die durch die Shal großes Leid erlitten.
Es waren nur noch Denji, Shiana und Ryoma, die neben ihm standen. Die Gruppe hatte sich stark dezimiert.
Wann die anderen wohl nachkommen würden? Ginta machte sich Sorgen. Er machte sich Sorgen um Tsuru, weil sie noch so klein war. Wusste aber, dass Kûosa da war um sie zu beschützen. Er machte sich Sorgen um Oto und Sayoko, weil sie ihm doch so ans Herz gewachsen waren und er machte sich auch Sorgen um Ama, Matra und Jumon, die natürlich auch gute Freunde geworden waren.
Was würde nun kommen? Ginta wollte nicht, dass seine Freunde verletzt wurden. Aber…
„Wenn wir jetzt wieder in die Eingangshalle gehen, und dort die andere Tür nehmen, die vorher versperrt war, sollten wir nach oben ins Archiv gelangen und dann ist es nicht mehr weit…“, riss ihn Ryoma aus den Gedanken.
Shiana und Denji nickten.
„Und mit dem abgeschalteten Sicherheitssystem sollte das kein Problem sein, oder?“, hakte Denji nach, während er die Tür zur Eingangshalle öffnete.
Doch bevor Ryoma antworten konnte, schloss er die Tür mit einem kräftigen Stoß wieder. In der Eingangshalle standen unzählige Shal, die gerade dabei waren, gegen jemanden zu kämpfen.
Denji schluckte. „Was machen wir nun?“
„Uns durchkämpfen natürlich…“, murmelte Ryoma.
Shiana sah Ginta entschlossen an. Das hieß wohl, dass sie sich wirklich durchkämpfen müssten.
Doch auf einmal sprang die Tür auf und ein Typ, der einen dunklen Mantel trug, trat in den Raum und schloss hinter sich wieder die Tür.
Er nahm die Kapuze ab und begrüßte die Freunde.
„Riven Kire! Was machst du denn hier?“, wunderte sich Ginta.
„Ich bin hier um euch zu helfen. Ihr solltet euch wirklich beeilen, Ginta. Der Mond ist der Erde näher denn je und draußen stürmt es richtig. Die Welt wird bald untergehen, wenn wir nichts unternehmen!“
„Kommt doch mit uns, zusammen werden wir die Shal zerschlagen“, schlug Ryoma vor.
Mit einer Handbewegung lehnte Riven Kire ab. „Wir sind zu schwach von den Kämpfen in der Stadt. Das Einzige was uns noch bleibt, ist euch das restliche Shalgesindel von Hals zu halten.“
„Vielen Dank…“, bedankte sich Ginta und verbeugte sich dabei tief. „Es ist wirklich toll dass ihr da seid. Ohne euch wäre das sicher ziemlich schwer geworden.“
„Jetzt solltet ihr aber wirklich gehen, wir haben euch gerade einen Weg freigemacht“, meinte Riven Kire und öffnete wieder die Tür.
Ryoma, Denji und Shiana rannten schon einmal los, zu der Tür die sie weiter nach oben führen sollten.
Ginta hielt noch kurz inne und sah Riven in die Augen. Dann nickte er und folgte den anderen.
Ginta und die anderen stiegen die Treppen nach oben, bis sie endlich zu einem großen Raum gelangten, dem Archiv.
Wieder blieb Ginta kurz stehen und dachte nach. Jetzt waren sogar die Leute der Vastus Antishal soweit, dass selbst wenn sie die ganze Zeit gekämpft hatten, einfach nicht aufhören konnten. Ohne diese Unterstützung wären sie wohl nie so weit gekommen.
Ginta hob seine rechte Hand und legte sie auf seine Brust. Unter seiner Weste spürte er sein Amulett. Es vibrierte so stark wie noch nie vorher.
Er hoffte, dass seine Freunde bald nachkommen würden. Momentan konnte er es sich einfach nicht vorstellen, allein dort oben zu sein und zu kämpfen.
So gingen die Vier durch das Archiv, um auf der anderen Seite zur nächsten Treppe zu gelangen.
Ryoma sah sich die Regale etwas genauer an. Hier waren lauter Dokumente von Maschinen, alten Religionen und sonstigem wild durcheinander aufbewahrt.
Ob er hier etwas über seinen Vater finden könnte? Am liebsten wäre er stehengeblieben und hätte alle Dokumente durchgearbeitet. Doch dann merkte er, wie nervös Ginta neben ihm lief.
Er konnte die Dokumente auch dann durchforsten, wenn er die Shal zerschlagen hatte. Jetzt war sowieso kein guter Zeitpunkt sich um seinen eigenen Wunsch zu kümmern, wenn doch die Welt dem Untergang geweiht war.
Shiana konnte den nächsten Treppengang sehen und lief etwas schneller. Denji folgte ihr auf Schritt und tritt. Ihn beschlich schon die ganze Zeit ein eigenartiges Gefühl.
Ihm war es nicht ganz geheuer, dass unter ihnen ein Kampf mit hunderten Shal tobte, aber es hier oben so ruhig war. Allgemein war es komisch, dass sie hier so einfach durchspazieren konnten, als wäre nichts.
Draußen stürmte es, unter ihnen wurde gekämpft. Diese Stille in dem Archiv verunsicherte Denji.
Shiana erreichte die Türe zum nächsten Treppengang und öffnete diese. Genau in dem Moment schnallte eine Dornenpeitsche nach vorne und hätte Shiana fast in den Würgegriff genommen, wären Denjis Reflexe nicht so schnell gewesen, dass er den Angriff der Peitsche abblocken konnte.
„Shiana!“, riefen Ginta und Ryoma fast gleichzeitig und stürmten zu ihr.
Auf der Seite des Raumes, wo sich die Tür befand, endeten die Regale. Hier war ein breiter Streifen auf dem nichts stand.
Am Ende des Raumes stand eine Frau mit giftgrünem, langem Haar. Sie trug ein blutrotes Kleid, mit wild durcheinander angeordneten weißen Balken darauf. Über ihren Schultern trug sie einen langen, schwarzen Mantel aus leichtem Stoff.
„So trifft man sich also wieder“, begrüßte sie die Freunde.
„Wir kennen dich doch!“, entgegnete Ginta und dachte kurz nach. „Du hast doch damals Hakata terrorisiert! Zum Glück konnten wir dich besiegen… Aber haben Jôô und die anderen dich nicht in den Kerker gesteckt?“
Verwundert blickte er Ryoma an, der nur mit den Schultern zuckte.
„Glücklicherweise konnte ich mich befreien und nun bin ich gekommen um Rache zu nehmen.“
Sie hob ihre Hand an ihr Kinn und lachte.
Nachdem Denji und Ginta sicher gegangen sind, ob es Shiana gut ging, wunderte sich Denji, wer diese Frau denn war.
Als Ginta ihm die Geschichte knapp erzählte, verstand er, wieso Ryoma und Ginta nicht so gut auf Ashizamani Odoro zu sprechen waren.
„Ihr werdet die Welt nicht retten können“, lachte Ashizamani und holte mit ihrer Peitsche aus. Dann schlug sie zu.
In Sekundenschnelle zogen Ryoma und Denji ihre Waffen und blockten beide den Angriff ab.
„Ginta, hör mir jetzt genau zu…“, fing Ryoma an.
Ginta war gespannt, was ihn Ryoma nun zu sagen hatte.
„Nimm Shiana und geh weiter nach oben. Spürst du wie nah wir dem Ende sind? Du darfst den Shal nicht die Möglichkeit lassen, die Welt zu zerstören! Geht beide. Denji und ich bleiben hier und halten sie hier fest, dann könnt ihr ungestört die Welt retten, ja?“
„Halt, halt… ich soll hier bleiben? Dabei wollte ich doch bei Ginta und Shiana bleiben!“, beschwerte sich Denji. Doch als er dann Ryomas ernsten Blick entgegnet bekam, wurde er stiller.
„Ja Ginta“, schloss er sich Ryomas Worten an, „Wir halten diese Frau in Schach!“
Ginta hielt kurz inne und sah Shiana an. Ihre blauen Augen sahen auf einmal so entschlossen aus!
Dann warf er seinen Blick wieder zurück zu Ryoma und Denji.
„Danke für alles“, presste er gerade noch aus sich heraus, bevor seine Stimme versagte. Dann nahm er Shiana an der Hand und beide gingen durch die Tür zum Treppenhaus. Ryoma verschloss die Tür mit einem Brett aus einer der Regalen.
Er spürte, dass der bevorstehende Kampf hart werden würde.
Ashizamani seufzte und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Jetzt konnte Ginta also entkommen“, murmelte sie vor sich hin. „Da wird sich dort oben sicher jemand ganz besonderes freuen.“
Auf einmal fuhr sie mit ihrer Zunge über ihre feuerroten Lippen und grinste dann wie eine Verrückte.
„Euch darf ich zum Glück fertig machen und an dir, Schwertkämpfer, kann ich Rache nehmen!“
„Das werden wir erst einmal sehen“, meinte Ryoma nur und sprach dann zu Denji: „Wir haben noch nicht oft miteinander gekämpft, aber ich hoffe dass du gute Sachen drauf hast.“
„Klar“, antwortete Denji lässig. „Der werden wir es zeigen!“
Dann stürmten die zwei los und wollten Ashizamani mit ihren Klingenwaffen schaden. Jedoch zückte sie unter ihrem Mantel noch eine weitere Dornenpeitsche hervor und attackierte die Jungs damit.
Ryoma sprang in eine der Regalgänge um auszuweichen. Denji krallte seine Tigerkrallen in die Wand und machte eine Art Flickflack um Ashizamani näher zu kommen. Als er seine Krallen wieder aus der Wand zog, nahm er dabei etwas Material mit, das er auf Ashizamani schleuderte. Diese schwang ihre Peitschen aber so geschickt, dass die Gesteinsbrocken schon in der Luft zerbröselten. Als Denji dann eine Öffnung in ihrer Technik vermutete, griff er sie direkt mit seinen Krallen an. Ashizamani bemerkte diesen Angriff aber rechtzeitig und machte nur einen Seitenschritt und schwang dann ihre Peitschen so, dass Denjis Hände von den Peitschen umwickelt waren.
Ryoma, der mittlerweile auf einer der Regale geklettert war, nutzte die Gelegenheit dazu aus, einen Angriff von oben zu starten. Er stürzte mit seinem glühenden Schwert auf Ashizamani hinab und versuchte die Peitschen durchzutrennen.
Doch bevor er dies schaffte, murmelte Ashizamani etwas Unverständliches und plötzlich fuhr ein Blitz durch die Peitschen, traf Denji und auch Ryoma.
Ryoma und Denji, der mittlerweile von den Fesseln gelöst wurde, fielen zu Boden.
Der Schwertkämpfer stand wieder auf und half seinem Freund auf die Beine.
„Du bist stark“, gab er zu und blickte dabei Ashizamani an.
„Ihr habt ja noch nicht alles gesehen!“, brüllte Ashizamani und hob ihre Arme. Dann bewegte sie ihre Peitschen so, dass sie sich spiralförmig um sie herum bewegten. Dann drehte sie ihre Peitschen so schnell, dass man die Bewegung allmählich nicht mehr erkennen konnte und nunmehr ein dunkelgrüner Schleier sie umgab.
Auf einmal peitschte dann ein Ende aus diesem Wirbel heraus und traf Ryoma an der linken Schulter.
Vor Schreck und Schmerz schrie er kurz, fasste sich dann aber wieder und ging erst einmal einige Schritte zurück. Denji folgte ihm und betrachtete die Wunde, die in seine Schulter gerissen wurde.
„Sie ist wirklich stark…“, stellte Denji fest und griff fester in seine Tigerkrallen.
Dann attackierte sie die Jungs wieder mit demselben Angriff, zielte diesmal jedoch auf Denji. Selbst aus der weiteren Entfernung hätte sie ihn getroffen, wäre er nicht rechtzeitig ausgewichen. Die Peitsche landete in der Wand und hinterließ einen großen Krater im Gestein der Wand.
„Phew… gerade noch“, murmelte Denji.
„Wir müssen sie irgendwie angreifen, nur wie?“, überlegte Ryoma.
„Wenn wir vielleicht…“, überlegte Denji. „Kannst du sie für mich einen Moment ablenken? Ich habe einen Plan.“
Ryoma nickte und griff sie mit dem Schwert an. Währenddessen verschwand Denji hinter einem der Regale.
Ryomas Angriffe hatten keine Wirkung, stattdessen bekam er weitere Peitschenangriffe zu spüren, die schwer zu parieren waren.
Denji rief nun nach Ryoma, der augenblicklich einige Schritte zurücksprang. Eines der Regale stürzte auf Ashizamani. Denji wollte wohl, dass sie durch die Bewegung der Peitschen sich selbst in einem der Regale verhakt.
Als das Regal jedoch umfiel, murmelte Ashizamani wieder etwas vor sich hin, und aus ihrem Wirbel heraus schossen Feuerbälle, die das Regal in die Entgegengesetzte Richtung schleuderte und dessen Inhalt in Brand steckte, was sogleich die kompletten Dokumente des Raumes und die anderen Einrichtungsgegenstände ebenso in Brand setzte.
Ryoma stand geschockt da. Er wollte doch die Dokumente durchgehen und nach Hinweisen über seinen Vater suchen. Jetzt war er so nah an seinem Ziel und dann… dann wurde ihm die Möglichkeit einfach genommen.
Wut stieg in ihm hoch und er fühlte seine innere Energie in ihm auflodern. Sein Schwert, fing ebenso Feuer, wie alles anderen im Raum. Dann griff er mit seinem brennenden Schwert Ashizamani unentwegt an.
Denji hatte sich mittlerweile damit abgefunden, dass sein Plan gescheitert war und tat es Ryoma dann gleich. Wenn sie Ashizamani schon in die Mangel nehmen wollten, dann doch wohl beide gleichzeitig.
So fokussierte Denji seine Energie und stürzte sich auch mit Angriffen auf seine Feindin.
Ashizamani hatte es schwer damit allen Angriffen der beiden zu kontern. Aber sie schaffte es. Es gab ein Hin und Her der Angriffe.
Es war heiß. Das Feuer brannte und der Rauch bildete schwere Wolken, die tief unter der Decke schwebten. Denji und Ryoma schwitzten. Es war anstrengend bei so einer Hitze sich zu konzentrieren und zu kämpfen.
Sie wurden immer öfter von den Angriffen ihres Gegenübers getroffen. Ihre Konzentration ließ nach.
Ashizamani peitschte immer öfter. Die Dornen rissen tiefe Wunden ins Fleisch, als sie Denji und Ryoma trafen. Als sie dann auf Denji zielte, warf sich Ryoma vor ihn und blockte den Angriff mit seinem Schwert ab. Die Peitsche umwickelte das Schwert und als Ashizamani zog, wurde es Ryoma aus der Hand gerissen. Im selben Augenblick hörte das Schwert zu brennen auf. Es landete am anderen Ende des Raumes.
„Ryoma“, schnaufte Denji und legte eine Hand auf Ryomas Schulter.
Ashizamani schien kein Mitleid zu haben und griff nun mit beiden Peitschen die Jungs an.
„Ich werde die Shal besiegen!“, brüllte Ryoma im selben Moment.
Für einen Sekundenbruchteil schloss er die Augen und atmete tief ein. Der Rauch kratzte im Hals.
Auf einmal schien die Zeit etwas langsamer abzulaufen. Er sah, wie die Peitschenenden direkt auf ihn zuflogen. Neben ihm stand Denji.
Er konzentrierte all seine Energie und stieß seine Arme nach vorne. Denji tat es ihm gleich. Irgendwie spürten die zwei die Energien des anderen.
Vor ihren Händen bildete sich für einen kurzen Moment ein kleiner, leuchtender Wirbel, der dann wieder erlosch. Denji merkte, dass Ryoma viel mehr Kraft in sich hatte, als er selbst. Er strengte sich an, seine Kraft noch mehr zu konzentrieren. Irgendwie genoss er es, an so einem spannenden Kampf mit teilzunehmen. Doch sogleich verflogen seine Gedanken wieder.
Ein kleiner Blitz schoss aus Denjis Händen und nun war der leuchtende Wirbel wieder da. Er wuchs zu einer großen flammenden gelben Kugel heran, die Ryoma und Denji sogleich zu Ashizamani schickten.
Ihr direkter Peitschenangriff wurde im selben Moment zerstört, als die Kugel die Peitschen berührten und sie so in Flammen aufgingen. Ashizamanis Augen weiteten sich, als sie erkannte, dass sie nun verloren hatte. So umhüllte die Energiekugel ihren Körper mit strahlenden Flammen.
Kapitel 82 – Die Finsternis
Es fehlten nur noch ein paar Stufen, bis Ginta und Shiana zum Dach gelangten. Dort sollte die Apparatur stehen, die die Welt ins Chaos stürzen sollte. Doch was war dort oben noch? Trafen sie dort auf die stärksten Shal? Trafen sie auf den Anführer? Was war, wenn sich dort nichts befand?
Durch Ginta fuhr eine beängstigende Kälte. Nun hatte er nur noch Shiana an seiner Seite. Sollte er nicht vorher noch auf die Anderen warten?
Nein, er wollte sie da nicht noch tiefer mit hineinziehen, als er es sowieso schon getan hatte. Er hielt inne und hoffte, dass es seinen Freunden gut ging.
Shiana bemerkte, wie Ginta zögerte die nächste Stufe zu nehmen. Dann griff sie nach seiner Hand und Ginta drehte sich um.
Sie sah in seine Augen und sie wusste, was er fühlte. Aber sie bekam keine Angst. Sie wusste nicht genau, was das plötzlich für ein Gefühl war, das sie verspürte.
Myu sprang aus der Tasche. Sie war auf einmal so unruhig gewesen. Vielleicht spürte sie das Stürmen und Toben von draußen.
Ginta konnte nicht länger abwarten. Er musste nun einfach die Tür zum Dach öffnen.
Sachte legte er seine Hand auf den Knauf, drehte einmal und dann sprang die Tür auf. Er wollte sie langsam öffnen, aber durch den starken Wind, der draußen herrschte, schlug ihm die Tür gleich entgegen. Ginta schaffte es noch, rechtzeitig einen Schritt zurück zu gehen, sodass ihn die Tür nicht verletzte. So gingen er und Shiana nach draußen. Myu folgte ihnen unauffällig.
Der Wind war stark. Es stürmte und etwas Erde lockerte sich vom Boden und wurde sogar bis auf das Dach getragen. Die kleinen Steinchen taten weh, als sie gegen die Haut schlugen. Der Himmel war schwärzer als jede Nacht. Dunkle Blitze knallten immer wieder auf die Erde ein. Bedrohlich schwebte der riesige Mond über der Erde, die nicht zu beben aufhörte.
Ginta blieb noch für einen kurzen Moment stehen. Es war kalt, weswegen er seinen Umhang auszog und ihn Shiana in die Hand drückte, damit diese nicht fror.
„Wir sollten vorsichtig sein…“, sagte er mit ruhiger Stimme.
Shiana antwortete nicht, nahm nur den Umhang und warf ihn sich um. Sie konnte gerade einfach nichts sagen, da sie wusste, dass ihre Worte kein Gehör finden würden. Ginta war von der einen auf die andere Sekunde plötzlich so anders geworden, so still und nachdenkend.
Noch nie zuvor hatte sie ihn so gesehen.
Der starke Ginta, der sie immer schützte, der so viele Kämpfe hinter sich brachte und nie aufgab, wirkte plötzlich so ängstlich. Mit zitternden Beinen ging er einen Schritt nach dem anderen. Shiana fühlte wie Gintas Hand, die sie in ihrer hielt, immer heißer wurde.
Das Dach war groß. Sie sahen in der Ferne, am anderen Ende des Gebäudes, dunkle Silhouetten. Als sie näher kamen, entdeckten sie eine riesige Maschine, mit Bildschirmen, Tastaturen und Antennen. Die größte der Antennen, die spiralförmige Verzierungen besaß, hatte an ihrer Spitze eine Art Kristall, der stark leuchtete.
Hinter der Maschine schien ein flaches, aber dennoch großes Silo zu stehen, in dem sich wohl die Energiereserven für die Maschine befanden.
Ginta musste genauer hinsehen. Saß dort an der Maschine nicht eine kleine Person, die die Maschine zu steuern versuchte? Die Arme bewegten sich wild über die Tastatur und die Person schien auf die Monitore zu starren. Zuerst zögerte Ginta, dann ging er einige weitere Schritte auf die Maschine und auch auf die Person zu.
Er blieb stehen. Neben ihm stand Shiana, deren blaues Haar in der Dunkelheit des Sturmes nur schwach als Blau wahrzunehmen war.
Myu blieb dicht an ihrer Seite stehen und fauchte.
Wer war diese Person, fragte sich Ginta, schluckte einmal, atmete etwas schneller und sprach dann: „Bist du der Anführer der Shal?“
Die Person hörte damit auf, die Tasten zu drücken und lachte.
Es war die Stimme eines Mädchens. Sie lachte weiter. Ginta und Shiana waren verwundert. Ein Mädchen sollte der Boss der Shal sein? Ein einfaches Mädchen stürzte die Welt ins Chaos?
„Sag mir endlich wer du bist!“, brüllte Ginta.
Die Person stand auf. Sie war nicht größer als Shiana, hatte kurze, schwarze Haare und trug einen zerfetzten, schwarzen Umhang, der durch den starken Wind flatterte.
„Du kennst meinen Namen…“, sprach das Mädchen und drehte sich langsam um. Ihre Haare schlugen ihr ständig ins Gesicht, doch das machte ihr anscheinend nichts aus.
Sie hatte dunkelblaue, eigenartige Augen, die schwarz umrandet waren und Ginta erkannte, dass sie eine Schuluniform unter ihrem zerfetzten, löchrigen Umhang trug.
Ein starkes Gefühl schoss Ginta durch den Körper, welches ihn fast auf die Knie fallen ließ, als er erkannte, um welche Person es sich bei seinem Gegenüber handelte.
Es war Sora.
Sora Machichima, die er kannte, seitdem er klein war, die mit ihm durch Dick und Dünn gegangen war und die ihn besser kannte, als sonst wer auf der Welt.
Sie grinste ihn an. Ihr Blick war so kalt, dass Ginta sich nicht bewegen konnte.
Dann ging sie einige Schritte auf Ginta zu und blieb dann jedoch stehen. Sie fasste unter ihren Mantel und holte ein Blatt Papier hervor.
„Schön dich wiederzusehen, Ginta. Erinnerst du dich noch an das hier?“, begrüßte sie ihn und hob dabei das Blatt Papier in die Höhe, sodass es fast durch den Wind mit hinauf in den Himmel gezogen wurde. Er erkannte es als den Brief, den er ihr damals geschrieben hatte, als er von Zuhause fortgegangen war.
„Ginta…“, murmelte Shiana und zog dabei an seinem Ärmel. „Wer ist das?“
„Wer ich bin willst du wissen?“, fragte Sora die nun Shiana etwas näher kam, während Ginta immer noch wie verwurzelt da stand.
„Mein Name ist Sora. Du bist wohl Shiana, habe ich recht?“
Sora stand nun direkt vor ihr und nahm ihre Hand.
„Ja…“, gab Shiana als kurze Antwort.
„Schön, deine Bekanntschaft zu machen“, entgegnete Sora und bewegte Shianas Hand näher an ihren Mund heran. Doch dann hielt sie inne und setzte keinen Kuss auf ihre Hand. Stattdessen zog sie Shiana näher an sich, sodass sie Ginta loslassen musste.
„Was… machst du hier“, stammelte Ginta vor sich hin und sah zu, wie Sora Shiana von hinten umarmte.
„Ich sorge dafür, dass das Mondmädchen bei uns bleibt, wir brauchen ihre Kraft um unseren Plan noch zu ende zu führen“, erklärte Sora und grinste wieder, während sie vorsichtig an Shianas Nacken roch.
Shiana versuchte sich nun aus der Umarmung zu lösen.
„Lass mich lo…!!“, versuchte sie zu brüllen, jedoch wurde ihr von Sora der Mund zugehalten. Soras schwarze Fingernägel glänzten, als weitere Blitze in die Erde schossen. Shiana versuchte weiter nach Hilfe zu rufen, doch sie schaffte es nicht.
„Lass sie bitte los… Sora“, bat Ginta.
Immer noch schockiert stand er da, ballte seine Fäuste aber konnte es nicht tun.
Warum musste es Sora sein? Warum konnte es nicht irgendwer sein, den er nicht kannte?
„Tja…“, fing Sora wieder an zu sprechen, „Scheint so, als wärst du richtig schockiert, dabei habe ich dir ja noch nicht einmal alles gezeigt.“
Sie hob ihre Hände und auf einmal umwickelte ein dunkler Stoff Shiana. Dann sackte das blauhaarige Mädchen auf den Boden und konnte sich nicht mehr rühren.
Sora schwang ihre Hand durch die Luft und hinter Ginta bewegte sich das Dach. Die Dachplatten wurden nach oben geschleudert und Dreck wurde aufgewühlt, vom Wind nach oben getragen und dann hinfort geweht.
Nun lagen dort weitere Freunde von ihm.
Kûosa lag, sich immer noch wehrend, geknebelt auf dem Boden. Neben ihm lagen die ebenfalls gefesselte Matra und auch Tsuru.
Ginta drehte sich um und sah seinen Freunden direkt in die Augen. Auch sie versuchten nach Hilfe zu rufen, doch man hörte ihre Stimmen nicht.
Gintas Knie wurden immer weicher und er zitterte.
Dann musste er beobachten, wie plötzlich eine weitere Person neben Matra auftauchte. Sie war jedoch eine Shal, das erkannte man an ihren Klamotten. Beim genaueren betrachten sah sie aus, wie die Frau, von der Matra als ihre beste Freundin gesprochen hatte.
Es war Uwanari.
Sie packte Tsuru und trug sie zur Maschine. Als sie an Ginta vorbeiging, erkannte er, dass Tsuru weinte.
Was passierte hier?
„Das kleine Mädchen wird uns helfen mit ihrer Kraft den Mond und die Erde endlich zu vereinen…“, erklärte Sora, „Da ihre Kraft allein aber nicht reicht, werden wir das Mondmädchen auch benutzen.“
Sora beugte sich hinunter zu Shiana, strich ihr noch einmal die Haare aus dem Gesicht und zerrte sie dann auch mit zu einem kleinen Käfig, in den gerade Shiana und Tsuru hineinpassten und schloss diesen.
„Das kannst du doch nicht machen!“, brüllte Ginta.
Er konnte nun nicht einfach nun mehr da stehen und zusehen, was passierte. In ihm brodelte die Wut und er spürte, wie eine warme, starke Kraft durch seinen Körper floss. Sein Amulett vibrierte stärker denn je.
Dann schnellte er nach vorne und stieß Uwanari mit einem Windstoß beiseite und fing dann Tsuru auf.
Bevor er jedoch Shiana aus den Händen Soras befreien konnte, wurde er von einer starken Druckwelle zurückgeschleudert.
Plötzlich stand ein Mann, in merkwürdigen Klamotten vor Ginta. Seine langen, weißen Haare waren glatt und streng nach hinten gekämmt. Er hatte leuchtend violette Augen, die ihn gebannt anstarrten. Er trug einen engen, schwarzen Anzug, der irgendwie gepanzert aussah. Der Ärmel seines Linken Armes war tiefschwarz und weit geschnitten. Der rechte Arm war nackt und man konnte die dicken Adern auf seinen Muskeln sehen. Verschiedene Riemen und Reißverschlüsse verzierten seine Kleidung. Auf seiner Brust trug er das Emblem der Shal. Sein Blick war starr und unheimlich.
Er streckte Ginta eine Hand entgegen und wollte ihm wohl aufhelfen.
Wer war dieser Typ? Ginta vertraute ihm nicht und stand von alleine wieder auf.
„Es tut mir Leid, dass sie so rüpelhaft zu dir waren, Ginta“, entschuldigte sich der Mann mit einem falschen Grinsen. „Aber wir werden die Welt erneuern, komme was wolle!“
Dann ging er zu Tsuru, die auf dem Boden lag, hob sie hoch und hielt sie in seinen Armen.
„Psst, beruhige dich“, flüsterte er, während er die weinende Tsuru übertrieben in seinen Armen schaukelte.
„Wer bist du schon wieder!?“, brüllte Ginta.
„Darf ich dir vorstellen…“, fing Sora an zu erzählen, „Das ist Xarmainion, der Kopf der Shal. Er hatte den grandiosen Plan gefasst, die Welt zu erneuern und sie von allem Schlechten zu befreien.“
„Lass Tsuru los!“, brüllte er und ging wütend auf Xarmainion zu. Doch Sora stellte sich ihm in den Weg.
Ginta blieb erschrocken stehen.
„Du kannst uns nicht aufhalten, Ginta“, meinte sie und grinste dabei wieder so krankhaft.
„Was wird hier überhaupt gespielt!?“, brüllte Ginta wieder, total aufgebracht und fertig mit den Nerven. „Sora, was machst du hier überhaupt!? Das bist nicht du! Du bist keine Böse die die Welt zerstören will, du bist Sora!“
Er packte sie an den Schultern.
„Hör auf damit, ich weiß, dass das nicht du bist!“, brüllte Ginta weiterhin. Die ersten Tränen kullerten über sein Gesicht. Er konnte das einfach nicht glauben, was sich vor seinen Augen abspielte. Niemals hätte er das erwartet.
„Was hast du Mistkerl mit Sora gemacht!?“
Xarmainion fuhr mit seiner linken Hand über Tsurus Augen. Plötzlich rührte sie sich nicht mehr und war still. Er legte das Mädchen zurück in den Käfig, in dem Shiana die ganze Zeit gesessen hatte.
„Ich habe nichts mit ihr gemacht“, lachte Xarmainion, „Ich habe lediglich ihre wahren Gefühle an die Oberfläche geholt.“
„Das sind nicht ihre wahren Gefühle, Sora ist nicht so!“, dann wandte er sich wieder Sora zu und blickte tief in ihre matten Augen. Noch nie zuvor hatte er sie so gesehen.
„Sora, hör mir doch zu, das bist nicht du!“, versuchte er sie irgendwie zu überreden.
„Ginta!“, schrie sie plötzlich auf und warf sich ihre Hände an Kopf, dann fiel sie auf ihre Knie.
„Ginta!“, wiederholte sie ihre Rufe.
Es wirkte fast so, als würden seine Worte tiefer in Sora eindringen und ihren richtigen Verstand wecken. In Ginta stiegen die Hoffnungen darauf, dass Sora wieder normal wurde. Doch er konnte sich gerade nicht nur um sie kümmern.
Währenddessen schickte Xarmainion Uwanari an die Maschine, die sie wieder in Gang setzte. Eine komische Aura schwebte nun über Shiana und Tsuru und die beiden wurden in einem milchigen Nebel umhüllt.
„Shiana, Tsuru!“, brüllte Ginta.
Was sollte er nun machen? Er musste die beiden retten, aber er konnte Sora auch nicht im Stich lassen.
Dann spürte er sein Amulett wieder vibrieren. Er nahm es ab und hängte es Sora um den Hals, die kauernd auf dem Boden lag. Vielleicht half ihr das ja, wieder zur Besinnung zu kommen.
Dann sprintete er zum Käfig, wurde dann aber von Xarmainion aufgehalten. Er bündelte all seine Kraft und stieß ihn mit einem Windstoß beiseite.
Seine Hände leuchteten wieder blau. Er griff an das Gitter, wurde zunächst von einer starken Energie zurück gedrängt, aber ließ dennoch nicht los. Mit aller Kraft versuchte er die Tür des Käfigs aufzubrechen.
Xarmainion stand währenddessen wieder auf, als wäre nichts geschehen und ging auf Ginta zu.
Gintas Herz pochte immer schneller. Er spürte die bedrohliche Kraft, die ihm immer näher kam.
„Versuche doch deine Freunde zu retten“, sprach Xarmainion, „Du wirst mich dennoch nicht aufhalten.“
„Shiana, Tsuru! Haltet noch ein wenig durch, ich werde euch gleich befreien“, rief Ginta durch den Lärm des tobenden Sturmes und der lauten Maschine.
Langsam wurde der milchige Nebel der die zwei Mädchen umgab immer dichter und Ginta konnte sie immer weniger wahrnehmen, als würden sie verschwinden.
Sein Herz pochte und ihn durchfloss eine endlos starke Energie. Er musste die zwei befreien, sonst würde die Welt untergehen.
Dann schien die Zeit etwas langsamer zu vergehen. Xarmainion stolzierte nun auf Ginta zu. Hatte er denn keine Panik, dass sein Plan durchkreuzt werden würde?
Auf einmal leuchteten Gintas Hände nicht mehr und seine Arme waren nunmehr in blauen Flammen umhüllt. Sein Genkioken wurde immer stärker.
Plötzlich war es viel einfacher, die Tür des Käfigs aufzukriegen. Die Tür brach ab und Ginta schleuderte sie sogleich Xarmainion entgegen, damit er ihm nicht so schnell zu nahe kam.
Ginta stürmte in den Käfig und zerrte Shiana und Tsuru mit nach draußen, sprang einige Meter weiter zurück und befreite sie von den finsteren Fesseln.
Tsuru kam mittlerweile wieder zu Bewusstsein und fing sofort das Weinen an. Shiana zuckte zuerst noch zusammen, als ein starker Schmerz durch ihren Körper fuhr.
„Wie geht es euch?“, erkundigte sich Ginta gleich.
„Ich… Ich will nicht mehr!“, brüllte Tsuru und sauste sogleich zu Kûosa und Matra. Sie versuchte mit aller Kraft Kûosas Fesseln zu lösen.
„Es funktioniert nicht!“, weinte sie und schabte weiter an dem dunklen Stoff herum, doch es tat sich nichts.
Shiana konnte nichts sagen, es fühlte sich komisch an, was mit ihr passiert war. Sie nickte nur und Ginta war froh, dass es ihr anscheinend nicht ganz so schlecht ging.
„So sollte das aber nicht ablaufen“, murmelte Xarmainion und massierte sich kurz die Schläfen. Er seufzte.
„Was sollen wir jetzt machen, Boss?“, erkundigte sich Uwanari.
„Mh, eine gute Frage“, antwortete er und ging auf Sora zu die immer noch kauernd auf dem Boden lag.
Er beugte sich zu ihr und nahm ihr erst das Amulett ab und warf es weit weg.
„Und du… ich dachte du wärst stärker“, sagte er enttäuscht und fuhr mit seiner Hand über ihren Kopf. Dunkler Nebel breitete sich aus seinen Fingerspitzen über ihren Kopf aus und umschloss diesen. Dann atmete Sora den dunklen Nebel ein und stand von allein wieder auf.
Ginta hatte mitbekommen, dass sich Xarmainion wieder um Sora kümmerte und schickte erst Shiana zu Matra und Kûosa, damit sie Tsuru helfen konnte, die beiden aus den Fesseln zu befreien.
Myu, die schon die ganze Zeit in der Nähe von Matra geblieben war, versuchte nun auch die beiden von den Fesseln zu lösen.
Nun stand Ginta seinem Erzfeind und seiner besten Freundin aus seiner Kindheit gegenüber. Sein Herz pochte schneller und heißer. Sein Atem wurde schwerer.
„Weißt du was? Lass uns doch zusammen die Welt erneuern und sie von allem Schlechten befreien… Du kannst danach ganz in Frieden leben. Ohne Stress, ohne Hass und ohne den Gedanken daran, dass deine Liebsten sterben“, schlug Xarmainion ihm vor.
„Niemals werde ich diese schöne Welt mit dir erneuern! Das einzige Schlechte, das es gibt, seid ihr! Ihr habt unschuldige Menschen verletzt, ihnen alles genommen und sie getötet! So etwas kann ich nicht durchgehen lassen!“, erwiderte Ginta.
„Diese Menschen hatten es nicht verdient weiterzuleben… Sie alle waren schlecht“, konterte Xarmainion. „Genauso wenig wie deine Eltern es verdient hatten.“
Seine Eltern. Plötzlich schossen Ginta einige Erinnerungen seiner Eltern durch den Kopf. Wie sehr er sie vermisste und wie sehr er doch gerne bei ihnen wäre.
Doch schnell fasste er wieder klare Gedanken und blickte Xarmainion wutentbrannt in die Augen. Jetzt war die Zeit gekommen, endlich seiner Rache zu folgen und die Shal zu zerschlagen.
„Das wirst du mir büßen“, drohte Ginta ihm und es schien, dass seine flammenden Arme noch mehr an Energie gewannen.
Dann rannte Ginta seinem Feind entgegen.
Kapitel 83 – Gintas Wille
Der Wind wurde stärker. Mehr und mehr Erdbrocken lösten sich vom Boden und schwebten dem immer näher kommenden Mond entgegen. Die Blitze schlugen nun heftiger und häufiger auf die Erde ein und verwüsteten die Gegend.
Tsuru kratzte immer mehr an den Fesseln, die ihren Hasenbären fest umschlangen. Shiana versuchte ebenfalls irgendwie Matra von den Fesseln zu befreien. Doch bevor sie irgendetwas erreichen konnte, stand schon Sora vor ihr. Ihr Blick wirkte so leer, als wäre sie nur noch ein Gefäß, das von etwas anderem gesteuert wurde.
Ginta kämpfte mittlerweile mit Xarmainion und die beiden tauschten einige Schläge miteinander aus. Sie sprangen aufeinander zu und schlugen und traten sich. Windstöße schleuderten Xarmainion nach hinten und dann konterte er Gintas Attacken mit finsteren Energiebällen. Ginta versuchte so gut wie möglich auszuweichen, steckte jedoch aber auch einige Treffer ein.
Sora kam Shiana immer näher. Das blauhaarige Mädchen stand auf und ging einige Schritte zurück. Doch plötzlich schnellte Sora nach vorne und packte Shiana am Hals. Mit einer übermenschlichen Kraft zog sie Shiana in die Höhe. Shiana krallte sich mit ihren Händen an Soras Arm fest und strampelte etwas umher um sich zu befreien.
„Shiana nein!“, brüllte Tsuru und versuchte Sora umzustoßen. Doch ihr Versuch misslang.
Mit ihrer anderen Hand packte Sora nun auch Tsuru und hob beide Mädchen in die Luft.
Ginta hatte derweil schwer mit Xarmainions Angriffen zu kämpfen. Immer wieder hämmerte er auf Ginta mit seinen Fäusten ein. Die Schläge schmerzten sehr.
Als Xarmainion Ginta dann einen starken Tritt verpasste und sein rechtes Bein traf, taumelte Ginta etwas umher. Der Schmerz zog sich bis zu seiner Brust hinauf.
Doch der Shalboss führte immer wieder seine Angriffe fort und Ginta, dem es zu schwer war auszuweichen, musste diese Angriffe einstecken. Mit einem Tritt gegen seinen Kopf, wurde Ginta einige Meter weit durch die Luft auf den Boden geschleudert.
Ginta richtete sich auf und fuhr mit seiner Hand über seinen Mund. Er blutete.
Die violetten Augen Xarmainions leuchteten auf. Dann stieß er seine Arme nach vorne und feuerte einige schwarze Energiekugeln auf Ginta.
Staub wirbelte auf und wurde im selben Moment von einem Wirbelsturm davongetragen. Gintas Arme loderten in einem starken, leuchtenden Feuer, welches den Raum um ihn herum erhellte. Dann zog er seine Arme zurück und schob sie sogleich nach vorne, als wollte er etwas anschieben. Genau dann, als er seine Arme ausgestreckt hatte, fuhr eine gewaltige Luftmasse auf seinen Gegner nieder, die ihn versuchte wegzudrücken.
Jetzt zog Ginta seine Waffe und zog sie hinter sich über den Boden. Kurz bevor er bei Xarmainion stand, riss er sein Kesobou nach vorne und verpasste ihm einen starken Treffer, der erst von seinen Beinen aus, dann über seinen Brust und über seinen Kopf fuhr.
Xarmainion ging zu Boden. Seine Kleidung war zerrissen und seine Wunden waren offen. Komischerweise bluteten sie nicht und schlossen sich langsam wieder.
Was war das nur für ein Typ? Kurz blieb Ginta verwundert stehen und starrte auf seinen Feind.
Dunkler Nebel stieg plötzlich aus dem Bereich, um Soras Herz herum und kroch langsam an ihren Armen nach oben. Bald würde der Nebel Shiana und Tsuru gefangen nehmen.
Die Mädchen versuchten sich immer noch mit aller Kraft zu wehren, aber ihre Versuche waren erfolglos. Als der Nebel allmählich Tsuru erreicht, versetzte es sie wieder in einen dämmernden, bewusstlosen Zustand. Im selben Moment ließ Sora sie fallen. Matra und Kûosa mussten zusehen, was mit Tsuru geschah. Man hörte von ihnen nur ein dumpfes Schreien. Sie konnten sich nicht befreien.
Als der Nebel dann Shiana näherkam und sie fast berührte, geschah etwas Unglaubliches.
Auf einmal verflüchtigte sich der Nebel und ein strahlendes Licht ging von Shiana aus. Soras Hand dampfte zunächst und wurde dann so heiß, dass sie vor Schmerzen Shiana ebenfalls los ließ, sodass sie zu Boden fiel.
Das Licht umhüllte Shiana. Dann ging sie auf Sora zu und berührte ihre Brust. Shiana schloss kurz ihre Augen, dann wurde Sora mit einem Lichtstrahl einige Meter weit zurück geschleudert und lag auf dem Boden.
Sora fasste sich an ihre Brust und rief wieder nach Ginta, der sich kurz ablenken ließ.
So kassierte Ginta einen weiteren Schlag, der ihn zu Boden brachte. Seine Waffe flog davon.
Doch bevor er wieder aufstehen konnte, packte Xarmainion sein Bein, hob ihn hoch und warf ihn wieder auf den Boden. Dies wiederholte er einige Male, bis Ginta vor Schmerzen nicht mehr aufstehen konnte.
Shiana befreite Matra und Kûosa schnell von ihren Fesseln. Durch das starke Licht lösten sich die Fesseln fast von selbst auf.
Dann kümmerte sie sich noch kurz um Tsuru, die immer noch bewusstlos auf dem Boden lag und versuchte, mithilfe ihres Lichtes den dunklen Nebel in ihrem Inneren zu befreien.
Langsam kam Tsuru wieder zu sich. Sie sah Shiana lächelnd an und ging dann zu Kûosa, nachdem sie merkte, dass er sich von den Fesseln gelöst hatte und sich aufrichtete.
Matra fühlte sich schwach, wollte aber wieder aufstehen. Sie hatte nur eines im Blick: Uwanari davon abzuhalten weiter die Maschine zu betätigen. Langsam torkelte sie in Richtung Maschine, geschützt durch die Dunkelheit baute sie darauf Uwanari überraschen zu können.
Xarmainion ging langsam auf Ginta zu. Dann stellte er sich vor ihn.
„Das war es jetzt, Ginta…“, murmelte er und streckte eine Hand aus, vor der sich nun eine schwarze Energiekugel bildete.
Gintas Körper pochte vor Schmerz. War es jetzt sein Ende? Doch bevor er die Augen schloss um sich einen kurzen Moment der Ruhe zu gönnen, passierte plötzlich etwas, das er nie erwartet hätte. Myu sprang auf Xarmainion und zerkratzte ihm das Gesicht, wodurch er so abgelenkt war, dass er den Energieball aus Versehen woanders hin schoss. Die Energiekugel hätte Uwanari getroffen, wäre Matra in dem Augenblick nicht zu schnell gewesen und hätte sie von dem Sitz vor der Maschine gestoßen.
Die Energiekugel streifte ihren Rücken und brannte eine starke Wunde darauf. Dann lag sie über Uwanari auf dem Boden, kaum in der Lage vor Schmerz etwas zu sagen.
„Was sollte das!?“, brüllte Uwanari.
„Ich will dich zurück ins Dorf bringen…“, brachte Matra stockend aus sich heraus. Uwanari war sichtlich geschockt darüber, dass Matra sie vor diesem Angriff gerettet hatte.
Xarmainion packte Myu und warf sie so weit er konnte. Doch Myu landete nicht auf dem Boden, sondern wurde sanft von Ryoma aufgefangen.
„Na du? Ich dachte immer nur, du wärst scharf darauf, mein Gesicht zu zerkratzen“, lachte Ryoma und setzte Myu auf den Boden.
Auch Oto, Ama, Sayoko, Jumon und Denji waren nun endlich auf dem Dach angekommen.
Oto und Sayoko stürmten gleich zu Ginta um zu sehen, was mit ihm war. Denji, Ryoma und Ama zogen ihre Waffen und stürzten sich gleich auf Xarmainion, um ihn davon abzuhalten, weitere Angriffe zu starten. Jumon sah nach Tsuru und Kûosa, denen es anscheinend noch relativ gut ging.
„Leute… da seid ihr ja endlich!“, freute sich Ginta, während Oto so schnell es ging seine Wunden versorgte.
„Wir haben doch gesagt, dass wir noch nach kommen werden“, grinste Sayoko ihn an.
Sie hatte sich wirklich Sorgen gemacht, doch endlich war sie hier um nach Ginta zu sehen. Zu sehen, wie Oto und Sayoko lächelten, machte Ginta glücklich. Es gab ihm das Gefühl doch nicht allein zu sein und er spürte plötzlich noch mehr Kraft in sich.
„Jetzt reicht es mir!“, brüllte Xarmainion als er den Angriffen von Ryoma, Ama und Denji geschickt auswich.
Er kauerte sich zusammen, schwebte kurz über den Boden und streckte sich dann explosionsartig wieder nach Außen. Ryoma und Ama wurden als erstes von einer finsteren Druckwelle getroffen und schwebten langsam bewusstlos zu Boden. Denji wurde danach getroffen und bald folgten auch Oto und Sayoko, wie auch Tsuru, Jumon, Kûosa. Langsam glitten sie alle zu Boden und rührten sich nicht mehr.
Matra wurde zwar getroffen, konnte dem Angriff aber Stand halten und hielt Uwanari immer noch auf dem Boden fest. Sie sprach mit ihr und versuchte sie irgendwie wieder zu Besinnung zu bringen, auch wenn es bisher noch nicht wirklich klappte. Uwanari wollte sich wehren, war aber momentan schwächer als Matra.
Shiana, die immer noch von diesem Licht umhüllt war, schadete der Angriff ebenfalls nicht. Sie merkte aber, wie Sora sich wieder aufrichtete, als hätten sich ihre Energiereserven aufgefrischt. Sora stürzte sich sogleich wieder auf Shiana und beschoss sie mit schwarzen Strahlen.
Shiana schütze sich in dem sie versuchte ein Schild aus Licht aufzubauen. Als sie eine Öffnung in Soras Angriffen sah, schoss sie Pfeile aus Licht auf ihre Gegnerin.
Xarmainion fuhr sich durch die Haare. Er seufzte wieder und kam Ginta näher, der verzweifelt versuchte Oto und Sayoko wieder aufzuwecken.
„Was hast du mit meinen Freunden angestellt!?“, brüllte er wütend.
„Sie schlafen nur, bisher… Bald werden sie nicht mehr da sein“, grinste Xarmainion und blickte Ginta dann schlagartig böse an.
Er holte aus und verpasste Ginta wieder einen Schlag, sodass er einige Meter weit flog.
Doch Ginta richtete sich so schnell es ging wieder auf. In seinem Inneren wirbelten die Energien wie ein nicht enden wollender Sturm umher. Die Wut, die er verspürte, während er seine Freunde auf dem Boden liegen sah, brachten seine letzten Energiereserven hervor.
Shiana kämpfte immer noch hart gegen Sora, die nun völlig ihren Verstand verloren hatte. Die Angriffe, die Shiana einstecken musste, wurden immer stärker und selbst schaffte sie es kaum mehr Sora mit ihren eigenen Attacken zu treffen.
Als sie sich dann jedoch konzentrierte, schaffte sie es etwas ihrer Energie vor sich zu fokussieren. Es sollte ein mächtiger Lichtball werden, der Sora endgültig ausschalten sollte. Als Shiana dann den Lichtball von sich wegschleuderte, traf er Sora jedoch nur knapp und der Lichtball flog weiter und traf jemand ganz anderen.
Ginta, dessen Arme wieder mit blauen Flammen umhüllt waren, bekam plötzlich Shianas Lichtball ab. Seine Flammen, die Energie die er so ausstrahlte, breitete sich nun über seinen ganzen Körper aus. Es schien, als würde Ginta verbrennen. Aber er tat es nicht. Es war nur die Energie, die er kaum mehr kontrollieren konnte. Ginta wankte auf Xarmainion zu. Er fühlte so vieles in diesem Moment. Angst und Trauer um seine Freunde, Wut und Hass über die Taten der Shal, aber auch Mut und Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Wie als wäre er in Trance, richtete er seine Arme nach vorne und schleuderte einen blau entflammten Wirbelsturm auf Xarmainion, der ihn in die Luft hob.
Ginta sprang Xarmainion hinterher und schien für einen kurzen Moment zu schweben, als er ihm tausend Schläge und Tritte verpasste. Dann sauste Xarmainions Körper wieder gen Boden und Ginta folgte ihm so schnell er konnte, nur damit er ihm wieder einen mächtigen Schlag verpassen konnte. Dann packte Ginta den Boss der Shal am Kragen und hob ihn in die Luft.
„Du bist stärker, als ich dachte“, sprach Xarmainion, aber seine Worte kamen nicht mehr bei Ginta an. Er war auf einmal so stark weggetreten, dass er nichts mehr davon mitbekam, was passierte.
„Aber der Mond ist der Erde schon so nahe… wenn ich ihn nicht mehr mit ihm vereinigen kann, werden sie zumindest kollidieren und die Erde wird zerstört!“, lachte Xarmainion und spuckte dann Blut.
Ginta hob die andere Hand und richtete sie auf die Maschine. Mit einem leuchtenden Strahl zerstörte er die Maschine augenblicklich.
„Auch wenn du die Maschine zerstörst, wird die Welt untergehen… das war es dann…“, sprach Xarmainion, doch bevor er seine letzten Worte sagen konnte, drückte Ginta ihm die freie Hand auf den Bauch und feuerte einen enorm starken Energiestrahl ab. Als durch die enorme Kraft Xarmainion sich in Luft auflöste, erloschen die Flammen die Gintas Körper umhüllten und er fiel ohnmächtig zu Boden.
Shiana schaffte es derweil nun, Sora ruhig zu stellen, nachdem die finsteren Mächte Xarmainions nachließen. Gintas Freunde, die von dieser dunklen Aura umgeben waren, wurden wieder normal und kamen langsam zu sich.
Shiana ging nun auf Ginta zu und kniete sich vor ihn. Sie starrte in den Himmel hinauf und betrachtete den Mond, der gleich mit der Erde zu kollidieren schien.
Ein letztes, hell leuchtendes Licht erstrahlte plötzlich.
Kapitel 84 – Der Traum
Es war kühl. Eine sanfte Brise strich über seine Arme. Plötzlich merkte er, wie etwas Weiches auf seinem Arm landete. Verschlafen öffnete er seine Augen und entdeckte, dass ein Blütenblatt durch das Fenster auf ihm gelandet war. Doch er war so müde. Also schloss er wieder seine Augen um etwas zu dösen, so müde war er.
„Was machst du denn da, Ginta!?“, riss ihn plötzlich eine laute Stimme aus dem Schlaf.
Er erschrak und schnellte nach oben. Verschlafen sah er seine Lehrerin an.
„Im Unterricht schläft man nicht… Du wirst erst einmal nach dem Unterricht das Klassenzimmer säubern! So, wer kann mir die Frage beantworten…“
Ginta hörte seiner Lehrerin nicht weiter zu. War er eingeschlafen im Unterricht? Und was war das für ein komischer Traum gewesen, den er hatte? Er konnte sich nur kaum an die Einzelheiten erinnern.
„Soll ich nach dem Unterricht etwas bleiben und dir helfen?“, sprach plötzlich ein Mädchen zu ihm. Als er rechts neben sich sah, saß dort Sora, seine Freundin seit Kindertagen.
„Mh… ja…“, brachte er nur aus sich heraus. Irgendwie fühlte sich Ginta gerade komisch.
„Gut, aber vergiss nicht, dass du noch einkaufen solltest, weil ihr heute Besuch bekommt…“, meinte Sora, wurde dann jedoch von der Lehrerin erwischt, als sie sich unterhielt und musste dann als Strafe ebenfalls nach dem Unterricht das Klassenzimmer säubern. Traf sich ja gut.
Als der Unterricht dann vorbei war, blieben Ginta und Sora noch, um das Klassenzimmer zu säubern.
„Du hast gesagt, ich kriege heute Besuch?“, wunderte sich Ginta.
„Ja, du hast mir doch heute Morgen erzählt, dass deine Großmutter und du heute Besuch von Freunden bekommt und du deswegen noch einkaufen solltest“, erklärte Sora, während sie den Boden fegte.
„Ach stimmt…“, gab Ginta nur von sich. Er erinnerte sich wieder. Seine Großmutter hatte heute zwei Freunde zu ihnen eingeladen und er sollte noch etwas fürs Abendessen besorgen.
Er hielt kurz inne und legte den Schwamm, mit dem er gerade die Tafel säuberte, beiseite. Dann griff er in seine Hosentasche und nahm einen Zettel daraus heraus und las sich kurz die Dinge durch, die er noch besorgen sollte.
Nachdem Ginta und Sora das Klassenzimmer gesäubert hatten, konnten sie endlich gehen. Sie spazierten in Richtung Stadtmitte, trennten sich dann aber bei einer Kreuzung. Als Sora sich von ihm verabschiedete, kam in Ginta plötzlich ein so komisches Gefühl hoch.
Doch er kümmerte sich nicht weiter darüber, nahm noch einmal den Zettel heraus und machte sich dann auf um die Sachen, die er brauchte, in der Marktstraße Kueteikas einzukaufen.
Es war alles wie gewohnt. Einige Leute, die ihn kannten, begrüßten ihn, sprachen kurz mit ihm, erkundigten wie es seiner Großmutter ginge und verschwanden dann wieder.
Seine Großmutter… er sollte sich lieber beeilen, bevor er noch Ärger von ihr bekam.
Als er endlich alles hatte und sich auf den Heimweg machen konnte, blieb er doch noch kurz stehen und sah der untergehenden Sonne zu. Es war so schön wie das Licht den Himmel in ein knalliges Rot und ein dunkles Lila tauchte. Er atmete tief ein und aus. Er genoss die kühle Luft und den Wind. Dann ging er los und spazierte die Marktstraße entlang, in die Richtung, in der sein Zuhause lag. Bevor er jedoch der Hauptstraße folgte, hielt ihn etwas auf. Hatte er etwas vergessen?
Ginta sah sich um und entdeckte plötzlich eine kleine Gasse, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Es war eine kleine, dreckige Gasse zwischen zwei Häusern, in die nicht wirklich Licht hinein drang. Es kam ihm komisch vor, denn so eine merkwürdige Gasse hätte ihm doch vorher schon einmal auffallen sollen. Er folgte ihr eine Weile, bis er dann an einer Wand angekommen war. Eine Sackgasse also. Er sah sich um. Außer ein paar Mülltonnen war hier nichts. Er drehte sich um und wollte wieder zurückgehen, als er plötzlich eine Kette auf dem Boden sah. Er kniete sich hin und hob die Kette auf. Ein schmutziger Anhänger hing daran. Er wischte den Dreck an seiner Hose ab und sah sich die Kette genauer an. Ein schöner, türkisfarbener Stein hing daran. Er steckte die Kette ein, vielleicht konnte man sie ja noch besser säubern und behalten.
So ging Ginta also weiter auf den Weg nach Hause und lief der fast verschwundenen Sonne entgegen. Bald kam er an die Straße, in der er wohnte. Eine kleine Auffahrt brachte ihn nach oben. Der Hof war gefegt. Seine Großmutter hatte heute Nachmittag wohl gearbeitet.
Er warf einen Blick zum Tempel, neben dem er wohnte. Kein Licht brannte, also war seine Großmutter wohl Zuhause. Er sperrte auf und ging in die Küche.
„Da bist du ja endlich, wo warst du denn so lange?“, begrüßte ihn seine Großmutter.
„Hallo. Ich… ich hatte noch etwas in der Schule zu erledigen und das Einkaufen hat halt etwas länger gebraucht… Tschuldige“, erklärte Ginta und stellte die Einkäufe auf den Tisch.
Er sah sich um. Alles war wie gewohnt. Die Töpfe waren in den Schränken, benutzte Tücher hingen unter der Spüle und seine Großmutter hatte natürlich mal wieder eine Kerze angezündet. Doch irgendetwas war anders als sonst. Es fühlte sich komisch an, vor seiner Großmutter zu stehen, die gerade dabei war, die Einkäufe auszupacken.
„Du könntest mir ruhig helfen“, beschwerte sie sich.
„Oh, ja…“, meinte Ginta nur und machte sich dann daran, die Einkäufe in den Kühlschrank zu packen.
„Wie war denn dein Tag?“, erkundigte sich seine Großmutter.
„Ach, ganz normal eigentlich“, sprach Ginta und merkte dann jedoch wie eigenartig seine Worte klangen. „Ich bin heute nur etwas müde…“
„Müde? Ach Junge, dann setzt dich doch auf das Sofa, unsere Gäste sind auch schon da…“
„Sie sind schon da? Oh… dann werde ich ihnen gleich Hallo sagen.“
Ginta packte das letzte Teil, was er in der Hand hatte, noch in den Schrank und dann ging er ins Wohnzimmer. Er sah zwei Personen auf dem Sofa sitzen, vor dem Tisch. Sie tranken Tee. Er ging an ihnen vorbei ohne sie gleich anzusehen und setzte sich gegenüber von ihnen auf das andere Sofa.
„Guten Tag…“, begrüßte er die Zwei während er sich hinsetzte und seinen Blick dann langsam zu ihnen schweifen ließ.
„Wir wünschen dir auch einen schönen Tag, Ginta“, begrüßte ihn eine Frau, deren langes, rotes Haar im Licht der Kerze die auf dem Tisch stand, leuchtete.
„Schön dich mal wieder zu sehen“, grüßte ihn ein Herr mit weißen Haaren. Er hatte kleine, graue Bartstoppeln. Hatte sich heute wohl nicht rasiert.
Ein eigenartiges Gefühl machte sich zwischen Magen und Brust in Ginta breit. Er kniff die Augen einmal zu. Obwohl das Zimmer hell beleuchtet war, war es schwer, die Personen gleich zu erkennen. Dann schluckte er.
„Mutter… Vater…? Seid ihr das?“, erkannte er und stotterte. Plötzlich wurde sein Atem schneller und sein Herz schlug lauter.
„Wir haben uns so lange nicht mehr gesehen“, lächelte seine Mutter. Es fühlte sich so warm an, sie so zu sehen.
„Du bist groß geworden“, meinte sein Vater stolz.
„Ihr seid gar nicht tot?“, wunderte Ginta sich.
Seine Großmutter kam nun ins Wohnzimmer und setzte eine weitere Tasse Tee auf den Tisch.
„Großmutter, du lebst auch…“, wurde ihm langsam klar.
Dann fuhren plötzlich tausend Bilder durch den Kopf.
Er sah einen Schwertkämpfer, ein blondes Mädchen, einen Jungen der mit Geistern sprach, eine schwarze Katze, eine Frau, mit langen rosa Haaren. Dann sah er, wie ein kleines Mädchen mit grünen Haaren auf die Schultern eines Monsters stieg und wie eine Frau mit schwarzen Haaren ihn brummig ansah. Er sah einen Typen, der immerzu lächelte und einen anderen Kerl, der das blonde Mädchen in den Arm nahm. Zuletzt sah er ein Mädchen mit blauen Haaren, das im Mondschein auf einer Wiese saß. Er sah sich selbst, wie er mit dem Mädchen redete.
„Shiana“, stammelte er vor sich hin.
„Wir sind so stolz auf dich, Ginta“, meinte seine Mutter.
„Aber ich glaube, es ist Zeit für dich zu gehen“, sagte sein Vater streng.
„Das hier…“, fing seine Großmutter an, „Ist nicht der richtige Ort für dich…“
„Aber… aber was ist… was ist hier los!?“, verwundert stand Ginta auf.
Nun sah er plötzlich noch mehr Bilder vor seinem inneren Auge. Langsam löste sich seine Umgebung auf, wie es auch die drei Personen taten, die vor ihm saßen.
„Wir haben dich lieb…“, war das letzte, was er hörte, dann verschwand alles um ihn herum.
„Shiana…“, stammelte er wieder vor sich hin. Er sah immer mehr Bilder, bis er sich erinnerte, was alles geschehen war.
„Ich muss zurück!“, brüllte er in die weiße Leere hinaus, die ihn umgab. „Ich muss zurück zu meinen Freunden und sie vor den Shal beschützen! Ich muss zurück!“
Je mehr er sich an seine Freunde erinnerte, desto mehr vergaß er, was er gerade erlebte. Die Stimmen seiner Eltern verblassten immer mehr.
„Ich muss zurück zu Shiana…“, flüsterte er, dann schlief er auf einmal ein und trieb durch die weiße Leere.
„Shiana!“, rief Ginta laut und schnellte noch einmal nach oben.
Sein Herz schlug so laut, dass er seinen schweren Atem kaum hörte. Sein Blick war zunächst unscharf, doch dann konnte er erkennen wo er sich befand. Anscheinend lag er unter einem blauen, wolkenlosen Himmel. Über ihn beugten sich einige Personen.
„Endlich ist er wieder wach!“, freute sich eine weibliche Stimme.
„Ich dachte schon, er macht es gar nicht mehr“, sorgte sich eine andere Stimme.
„Aber unser Ginta überlebt doch alles“, lachte jemand anderes.
Die Stimmen kamen ihm so bekannt vor. Dann erkannte er die Leute um sich herum. Oto, Ama, Ryoma, Jumon, Sayoko, Tsuru, Kûosa, Matra und Denji saßen neben ihm und lachten und weinten zugleich, als sie bemerkten, dass er wieder bei Bewusstsein war.
Stürmisch umarmte ihn Oto und darauf folgten Tsuru, Sayoko und Denji. Ryoma und Ama klopften ihm nur auf die Schulter, während ihn Jumon, Kûosa und Matra nur liebevoll anlächelten.
„Es ist vorbei, mein Freund“, verkündete Ryoma stolz.
„Die Welt ist gerettet“, versuchte es Oto zu sagen, ohne zu weinen, doch die Tränen kullerten schon über ihr Gesicht.
„Wir… haben es geschafft?“, stöhnte Ginta leise.
Die Sonnenstrahlen kitzelten seine Wange. Die Wärme seiner Freunde gab ihm Kraft. Anscheinend war alles vorbei.
„Was ist passiert?“, wunderte er sich.
„Das wissen wir nicht genau“, meinte Jumon. „Aber anscheinend habt ihr die Welt gerettet.“
„Was meinst du mit wir?“, fragte Ginta und überlegte ein wenig. Dann fiel es ihm ein. „Wo ist Shiana?“
Er richtete sich weiter auf und erkannte, dass sie nicht mehr auf dem Dach waren. Doch Shiana konnte er nirgends entdecken.
„Ist sie einen Spaziergang machen?“, wunderte er sich.
Seine Freunde sahen bedrückt zu Boden oder zur Seite.
„Sagt mir doch, wo ist sie?“, wiederholte Ginta.
„Ginta… es ist so…“, erklärte Sayoko, deren Trauer man durch ihre Stimme heraushören konnte. „Anscheinend hat sie den Kampf nicht überlebt…“
„Ich habe gesehen“, fuhr Matra fort, „Wie sie plötzlich leuchtete. Was dann passiert ist, kann ich dir nicht genau sagen, aber es schien so, als würde der Mond sich langsam wieder von der Erde wegbewegen… Dann bin ich leider ohnmächtig geworden…“
„Was… Aber… Das kann nicht sein! Shiana war doch so stark und hat mir geholfen… und… das kann nicht sein!“, seine Stimme wurde immer lauter, wurde dann jedoch vom ersten Schwall seiner Tränen verschluckt.
Ginta stand auf und sah verwirrt um sich. „Das ist doch nur ein Scherz! Sie ist hier irgendwo, richtig!?“
„Ginta…“, sagte Sayoko bevor stumme Tränen über ihre Wange hinabliefen.
„Setz dich…“, sprach Ryoma und zog ihn wieder zu sich auf den Boden.
Ginta ließ sich auf seine Knie fallen. Keiner der Freunde vermochte noch etwas zu sagen. Still saßen sie eine Weile da, um zu trauern.
Später stand Ginta etwas abseits von seinen Freunden auf der Wiese und starrte nachdenklich in den Himmel. Er dachte noch einmal über all das nach, was geschehen war. Er dachte über Shiana nach. Warum musste sie nur verschwinden? Es hätte doch sicherlich auch einen anderen Ausweg gegeben! Die Wut, die er in sich spürte, wurde nur durch die Trauer übermalt, die sich an seinem Herzen fest krallte. Er mochte Shiana doch so gerne. Warum musste es sie sein? Am liebsten wäre er nun gern aufgestanden und hätte in den Himmel hinaus gebrüllt, aber ein komisches Gefühl hielt ihn davon ab. Er schloss die Augen und lauschte dem Wind.
Es war Shiana, die ihn vor seinem inneren Auge anlächelte. Dieses Bild wollte er sich wahren, bis in die Ewigkeit. Tränen flossen erneut sein Gesicht herab. Was war mit ihr geschehen? Hatte sie sich geopfert, um die Welt zu retten? Ein dumpfes Gefühl ging durch seinen Körper, als er sich an das warme Licht erinnerte, dass sie von sich gab. Warum hatte er sie nicht beschützen können? Hatte sie jemals seinen Schutz gebraucht? Ob sie jemals wieder kommen würde? Ginta wusste keine Antworten.
„Miau“, machte es, als eine schwarze Katze aus dem Busch sprang.
„Myu…“, Ginta sah auf und sah die Katze der Gruppe näher kommen.
Er stand auf um Myu in Empfang zu nehmen. Doch die Katze wich zurück, als er näher kam.
„Myu, was ist denn mit dir los?“
„Miau“, mauzte sie.
„Kennst du mich gar nicht mehr?“, fragte Ginta und hockte sich auf den Boden, dann streckte er eine Hand aus, sodass Myu an der Hand schnuppern konnte.
„Myu…“, murmelte Jumon leise und konzentrierte sich. Was war mit Gaaras Seele passiert?
Anscheinend sah er in der Katze keinen anderen Geist als den einer Katze. War Gaara verschwunden?
Das Gebüsch raschelte wieder und auf einmal kam Sora, in ihrer Schuluniform heraus und stand verwundert da, als sie Ginta sah.
„Ginta, was machst du denn hier?“, begrüßte sie ihn verwundert.
„Sora!“, stieß es aus ihm heraus und er stand auf um sie zu begrüßen. „Anscheinend ist dir nichts passiert!“
Doch im selben Moment, als er dies sagte, schweiften seine Gedanken wieder zu Shiana.
„Wo bin ich hier eigentlich?“, wunderte sich Sora. „Ich war doch erst Zuhause und habe überlegt, dich suchen zu gehen und jetzt habe ich dich schon gefunden?“
„Oh, das ist wohl eine lange Geschichte, die ich dir lieber ein andermal erzählen werde…“, meinte Ginta nur und sah Myu zu, wie sie sich langsam zur Gruppe bewegte.
Vorsichtig tapste sie an allen vorbei und benahm sich so, als würde sie keinen der Freunde wieder erkennen.
‚Dann bist du wohl wieder eine normale Katze‘, dachte sich Jumon und sprach dann zu den anderen: „Anscheinend hat sie uns vergessen. Vielleicht hatte sie den Kampf nicht ohne Schäden überstanden. Körperlich scheint es ihr ja gut zu gehen. Es ist wohl besser, wir lassen sie laufen.“
„Scheint wirklich so“, wunderte sich Oto, als sie versuchte Myu zu streicheln, sie jedoch ängstlich zurückwich.
„Komische Katze…“, meinte Ryoma nur und lachte dabei. Doch in dem Augenblick sprang Myu auf Ryomas Gesicht und fuhr ihre Krallen aus. Dann kratzte sie wild darauf los. Ryoma hatte wild damit zu kämpfen, die Katze aus seinem Gesicht zu bekommen. Er schaffte es dann jedoch die Katze zu packen und von sich wegzustoßen. Sie rannte hinaus in die Wildnis.
„Autsch…“, brummte Ryoma nur, der in dem Moment froh war, dass die Katze endlich weg war.
Die Freunde lachten und verabschiedeten sich in Gedanken von der kleinen Katze.
„Dann können wir uns endlich auf den Weg nach Hause machen“, erkannte Matra und stand auf. Sie klopfte noch den Dreck von ihrer Hose.
„Nach Hause“, murmelte Ginta.
Die anderen wurden kurz still. Sie dachten alle über das bisher Geschehene nach. Welche Abenteuer sie doch zusammen erlebt hatten. Jetzt war alles vorbei?
„Was war denn jetzt mit Uwanari?“, fragte Ginta neugierig.
„Sie und ich waren die ersten, die aufgewacht sind“, erklärte Matra. „Wir haben geredet und… Sie hat sich schon auf den Weg nach Hause gemacht, zusammen mit unserem Heiligtum. Ich sollte mich beeilen, wenn ich sie einholen möchte.“
„Ihr versteht euch wieder?“
Matra nickte.
„Das ist toll“, freute sich Ginta. „Und was wurde denn aus Riven Kire und den Vastus Antishal?“
„Wir haben sie seither nicht mehr gesehen“, antwortete Ryoma. „Vielleicht sind sie nun auch auf dem Heimweg.“
„Wird wohl so sein…“
Das war das Startzeichen für die Heimreise. Zusammen machten sie sich auf den letzten Weg. Ginta erklärte Sora die ganze Situation, die erst geschockt über die Geschichten war und dann froh darüber, dass nun alles wieder seinen normalen Verlauf ging. Die Freunde trösteten sich gegenseitig über ihre Verluste, allem voran Ginta, der Shiana verloren hatte. Für Ginta war dieser Weg schwer. Ständig hatte er dieses eigenartige, freie Gefühl in sich getragen, von dem er einfach nicht wusste, was es bedeuten sollte.
Zuerst verabschiedeten sich die Freunde von Denji, der wieder zurück in seine Heimatstadt ging. Er war ziemlich glücklich darüber, so ein tolles Abenteuer erleben zu dürfen, doch für den Moment reichte es dem abenteuerlustigen Denji mit den Kämpfen und all dem Kram. Zuhause angekommen, war die erste Person, die er begrüßte sein bester Freund Nacho. Sie freuten sich, sich unversehrt wiederzusehen. Denji nahm sich alle Zeit für seinen Freund, ihm die verrückten Geschichten seiner Reise zu erklären. Natürlich übertrieb Denji ab und an, um die Wichtigkeit seiner Taten zu erklären. Als er erzählte, was sie im Freizeitpark und auf dem Flug zurück erlebt hatten, kam in ihm wieder das Gefühl auf, dorthin zu müssen und lud Nacho dazu ein.
Als nächste verabschiedete sich Matra von den Freunden und so kehrte sie zufrieden zurück in ihr Dorf, in dem Uwanari mit dem zurückgebrachten Heiligtum auf sie wartete. Matra erfüllte die Erwartungen ihres Dorfes und bekam im Tempel bald eine hohe Stellung. Insgeheim wusste sie aber, dass die Reise, die sie ursprünglich antrat, auch ihre anderen Vorzüge hatten. Sie hatte in der kurzen Zeit nun neue Freunde kennengelernt. Sie wollte es nie zugeben, weil sie zu stolz dafür war, aber sie mochte Ginta und die anderen sehr.
Bald auch verabschiedeten sich Oto und Ama von den Freunden. Sie wollten unbedingt wieder zurück ins Med-Dorf gehen, damit Oto dort ihren größten Wunsch erfüllen konnte. Für die Rettung der Welt hatte sie ihre Ausbildung unterbrochen. Nun wollte sie damit wieder anfangen und noch motivierter als vorher, die beste Ärztin der Welt zu werden. Ama war glücklich gewesen, Oto gefunden zu haben. Sie gab ihm das, was er sich schon so lange wünschte, eine Familie.
Dann ging auch Sayoko, die die kleine Tsuru mit sich nahm, was Ginta sehr verwunderte. Sie wollte Tsuru unbedingt ein neues Zuhause suchen, doch Ginta hatte mehr das Gefühl, dass sich am Ende Sayoko selbst um sie kümmern würde. Die einst finstere Sayoko, die sich nur um ihren Kram kümmerte, wurde zu einer liebevollen, fürsorglichen Person. Ginta wusste aber, dass es keine Veränderung war, die plötzlich geschah. Dieses Potential lag schon immer in Sayoko. Deswegen vertraute er ihr so.
Tsuru hätte sich vielleicht etwas ganz anderes gewünscht, aber soweit dachte sie nicht nach. Sie war glücklich, bei Sayoko und Kûosa bleiben zu dürfen. Sie fühlte sich mutig und stark und wünschte sich, so zu werden wie Sayoko.
Was wohl aus Kûosa wurde? Dieser Kauz würde sich wohl nie verändern, da war Ginta sich sicher. Und irgendwie fänden die Zwei auch einen Weg, Kûosa vor der Öffentlichkeit zu schützen.
Darauf folgte Jumon, der sich verabschiedete um zurück in sein verschneites Dorf zu gelangen. Er freute sich so sehr, Sabî und Ogata wieder zu treffen. Außerdem erzählte er Ginta und den anderen davon, dass er über die Abenteuer schreiben wollte, die sie zusammen erlebt hatten. Ein toller Gedanke, den ständig lesenden Jumon auch einmal ein Buch schreiben zu sehen. Als Jumon Zuhause ankam und er mit seinem Finger über die verstaubten Einbände seiner Bücher fuhr, wusste er, dass diese Reise ihm den Horizont mehr erweitert hatte, als es je ein Buch zu vermögen schien.
Er erinnerte sich an die Insel. Als er dort Rukiyo traf, um ihn seinen letzten Wunsch zu erfüllen, da wusste er, dass er mit seinen Kräften noch viel mehr bewirken konnte. Außerdem war er so neugierig herauszufinden, wo sich Gaaras Seele nun aufhielt, dass ihn dieses Verschwinden lange Zeit beschäftigte.
Nun waren nur noch Ryoma und Sora übrig, die Ginta bis nach Hause begleiteten. Ryoma fasste es nicht, Ginta nun „Auf Wiedersehen“ sagen zu müssen. Doch er tat es ein weiteres Mal. Nachdem im Archiv des Hauptquartiers die Dokumente vollkommen zerstört wurden, musste Ryoma einen anderen Weg finden, an Informationen über seinen Vater zu kommen. Es gab noch so viele andere Quartiere, die es zu durchstöbern und zu vernichten gab. Ryoma fasste sich das Ziel, seinen Vater zu finden und die letzten Brennpunkte der Shal zu zerschlagen. Ginta wünschte ihm viel Erfolg dabei, nachdem seine Bitte, auf diese Reise mitkommen zu dürfen, von Ryoma verneint wurde. Ginta hatte genug für ein Abenteuer geleistet.
Nun blieben noch Ginta und Sora, die natürlich zurück nach Kueteika gingen. Ihr Leben normalisierte sich mit der Zeit und Ginta ließ keinen Tag verstreichen, an dem er nicht an seine Abenteuer und an seine Freunde dachte. Die Freundschaft mit Sora wurde immer enger. Er versuchte, immer das Beste aus seinem Leben zu machen, anderen zu helfen. Ab und an schrieb er Briefe an seine Freunde und traf sich wieder mit ihnen. Der Kontakt brach nie vollständig ab.
Doch eines Tages, nachdem er seine Freunde für lange Zeit nicht mehr gesehen hatte, passierte plötzlich etwas Merkwürdiges. Als er seine alte Tasche, mit den Dingen die er damals dabei hatte, auf seinem Dachboden fand und sie ausleerte, entdeckte er ein Buch. Ein Buch mit einem tiefblauen Einband.
Neugierig wie er war, schlug er es auf und las darin.
Was ist das hier für ein Buch? Ein Tagebuch? Ich kann mich an nichts erinnern, woher ich komme und was ich tue… Ich bin gefangen in einer Art Zelle. Komische Leute passen auf mich auf… Was passiert hier? Ich habe das Gefühl, dass dieses Buch der einzige Weg ist, mich zu befreien, also schreibe ich hinein… Fortan sollst du mein Tagebuch sein…
Ginta blätterte auf die nächste Seite.
Heute Nacht habe ich von einem Jungen geträumt. Einem Jungen der so warm war wie ein Sonnenstrahl. Mir war so kalt und ich wollte, dass er mich befreit.
Ich habe nach ihm gerufen. Immer und immer wieder seinen Namen wiederholt.
Ginta… Wann kommt Ginta und befreit mich? Ich habe Angst.
Ich hoffe, dass ich in der nächsten Nacht wieder von ihm träume. Vielleicht hört er mich dann besser…
„Shiana…“, murmelte Ginta vor sich hin, und las weiter. „Sie ist noch dort draußen, ich spüre es…“
Ende
Dankeschön. Du hast es durchgehalten, meine erste Geschichte bis zum Ende durchzulesen. Es ist schon einiges passiert, richtig? Für mich als Autor ist auf jeden Fall in den fünf Jahren, die es gebraucht hatte, Ke°Ka°Ze zu verfassen, einiges passiert. Ich hatte verschiedene Schulabschlüsse erreicht, habe Menschen kennengelernt und vergessen und habe unbeschreibliche Dinge erlebt. Immer mit dabei waren Ginta und seine Freunde. Sie waren in dieser Zeit nicht nur eine Flucht aus meiner Realität, sondern auch eine ganz besondere Motivation, noch mehr aus dem Leben herauszuholen.
Nach Abschluss der Geschichte hatte ich damals entschieden, den (schwachen) Anfang der Geschichte nicht an das starke Ende anzugleichen, sondern meine Entwicklung so stehen zu lassen. Es ist für mich der Beweis, dass diese Reise nicht aufhört, sondern immer weiter gehen muss.
Apropos Reise, ich danke natürlich auch all den Menschen, die mich während des Verfassens tatkräftig unterstützt haben, wie z. B. meiner Freundin Fina, die kräftig korrigiert hat und meinem Bruder, dem ich ständig meine neuesten Ideen erzählen konnte.
Und die Reise geht tatsächlich weiter! Einerseits könnt ihr auf der Charakter-Seite ganz viele Informationen über die Charaktere, Illustrationen und Bilder nachlesen und anschauen. Außerdem versuche ich gerade, die ganze Geschichte in kurzen Comic-Seiten nachzuerzählen! Es gibt also noch einiges über die Welt von Ke°Ka°Ze zu erfahren.
Außerdem geht die Geschichte mit vier ganz besonderen Charakteren in der Forsetzung Ke°Ka°Ze 2 – Die Suche nach dem Licht weiter! Lest doch direkt hier weiter 😀